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Alt 10-01-2005, 18:14   #125
Starlight
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Amerikaner werden immer pessimistischer

Man mag einmal über die alten Börsenregeln hinwegsehen. Denn der Handelstrend der ersten Januarwoche muss natürlich nicht den Trend für den Monat vorwegnehmen, und aus dem Januar lässt sich auch nicht unbedingt auf das ganze Jahr schließen. Dennoch: Die Bilanz der ersten Börsenwoche im neuen Jahr fällt katastrophal aus, und die Wall Street tut sich schwer damit.

Dabei hatte alles so gut angefangen: Eine stattliche Dezember-Rallye hatten viele Anleger und Analysten gedanklich schon in den Januar verlängert – dann brachen die Kurse nach Neujahr ein. Die Bilanz nach wenigen Handelstagen: Der Dow-Jones-Index notiert mit einem Abschlag von 1,7 Prozent, der marktbreite S&P-500-Index hat 2 Prozent verloren und die Hightech-lastige Nasdaq satte 4 Prozent.

Damit hat die erste Handelswoche des neuen Jahres sämtliche Dezembergewinne ausradiert und dazu einen Großteil der Rallye im vierten Quartal. Nun ist guter Rat teuer: Vor Beginn der Ertragssaison – außer Alcoa und drei Hightech-Riesen legen die wichtigen Unternehmen aus Corporate America erst ab nächster Woche Zahlen vor – traut sich kaum Kapital auf das glatte Börsenparkett. Ein Mangel an wirklich wichtigen Wirtschaftsdaten in dieser Woche verschlechtert die Situation noch einmal.

Darüber hinaus legt das Meinungsforschungs-Institut Gallup am Montagmorgen eine niederschmetternde Umfrage vor: Danach sind die Amerikaner zurzeit alles andere als zufrieden, wenn sie auf die Lage der Nation und die Aussichten für Amerika blicken.

Auf einer Skala von null bis zehn bewerten mit 49 Prozent weniger als die Hälfte der Amerikaner die aktuelle Lage positiv, mit den Aussichten geben sich nur 46 Prozent zufrieden. Ganze 53 Prozent der Amerikaner sind mit den Aussichten unzufrieden.

Ganz neu ist dieser Trend nicht: In zwanzig der letzten 25 Monate waren mehr Amerikaner unzufrieden als zufrieden, und auch in den viel beachteten Januar-Umfragen hatten die Pessimisten seit 2003 stets die Oberhand. Nun aber deuten die aktuellen Daten auf eine neuerliche Verschlechterung der Stimmung, und Experten trauern der „guten, alten Zeit“ hinterher. Noch 2001 und 2002 – immerhin im Schatten der Attentate des 11. September – blickten die Amerikaner mehrheitlich zufrieden auf ihr Land und die Zukunft.

Nun, diese Zeiten sind vorbei. Nur noch 41 Prozent der Amerikaner sehen den wirtschaftlichen Kurs des Landes positiv, und in anderen Bereichen sind die Zustimmungsraten dramatisch zurückgegangen: Sorgen machen sich die Befragten vor allem um die militärische Stärke der letzten verbliebenen Weltmacht, um den Schutz vor Terrorismus, aber auch um Energie- und Gesundheitspolitik, den zunehmenden Einfluss religiöser Gruppen auf die Politik und – nicht zuletzt – um den amerikanischen Traum an sich: Immer weniger Amerikaner glauben, dass es der gemeine Mann durch harte Arbeit zu großem Erfolg bringen kann. Vielleicht haben vor allem die zahlreichen Skandale im Umfeld der Wall Street diesem Glauben ein Ende gesetzt.

© Wall Street Correspondents Inc.
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