16.02.05
Wie in den besten Zeiten am Neuen Markt
In Italien kann man beim Lotto auch auf die Ziehung einzelner Zahlen wetten. Hier werden nicht wie bei uns wöchentlich 6 aus 49 Zahlen gezogen, sondern 5 aus 90. Bei einer Gleichmäßigkeit des Zufalls müsste also jede Zahl durchschnittlich bei jeder 18. Ziehung etwa einmal gezogen werden (5x18=90, dann sind alle einmal durch). Abweichungen gibt es natürlich, doch vor kurzem hat man ermittelt, dass die „53“ über 180 Ziehungen lang nicht gezogen worden ist.
In diesem Zeitraum haben viele Menschen ihre Waschmaschinen und Autos verkauft, Kredite auf ihre Häuser aufgenommen und Geld unterschlagen, nur um alles auf die „53“ zu setzen – und sich damit zu ruinieren. Glaubt man den Zeitungen, dann hat der italienische Fiskus in dieser Zeit alleine durch das Setzen auf diese Zahl 4,4 Mrd. (!) Euro eingenommen. (Und als sie schließlich gezogen wurde, nur 800 Mio. ausschütten müssen.)
Im Grunde genommen ging es hier also zu wie an der Börse. Doch während die Börse zu keinem Zeitpunkt klar objektiv zu analysieren und zu beurteilen ist, ist die Lotto-Geschichte relativ trivial. Denn da jeweils aus der vollen Grundgesamtheit gezogen wird, es sich also um wöchentlich eine „Ziehung mit Zurücklegen“ handelt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die „53“ gezogen wird, völlig unabhängig von der Anzahl ihrer Ziehungen in der jüngeren Vergangenheit. Irgendwann muss sie zwar gezogen werden, doch ihre Ziehung ist keineswegs wahrscheinlicher als die jeder anderen Zahl.
Die Lottospieler sind also verrückt – und handeln sogar extrem gegen ihre eigenen Interessen, da die Quote bei Ziehung dieser Zahl viel niedriger ist als bei jeder anderen Zahl.
Am Junk-Bond-Markt sind 4,4 Mrd. Euro keine besonders hohe Summe. Hier wird derzeit zu historisch niedrigen Zinsen geborgt, was das Zeug hält. Man ist fast an die beste Zeit des Neuen Marktes erinnert, denn jeder, der gerade einmal seinen Namen schreiben kann, findet momentan problemlos den Zugang zu den Finanztöpfen der Anleger.
Ausgehen wird dieses Spiel nicht anders als die Lotto-Geschichte in Italien. Das Risiko, lang und länger laufende Staatsanleihen zu halten, wird täglich größer Sollten die Zinsen wieder steigen, wird es hier deutliche Verluste geben. Bei den Junk-Anleihen werden sich diese Verluste dann über eine Ausweitung der Spreads regelrecht multiplizieren. Wer jetzt so etwas kauft, kann nicht recht bei Trost sein. Dann doch lieber Lotto spielen, denn da ist die Einsatzsumme gemeinhin deutlich kleiner.
berndniquet@t-online.de