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Alt 07-04-2005, 20:53   #194
Starlight
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Pharmazeuten haben erneut Ärger mit COX2-Stoppern

Erst zwei Tage ist es her, dass Pfizer seine Prognosen für das laufende Jahr deutlich zurücknehmen musste und die Aktie abstürzen sah. Dabei hatte es bei einem Analystentreffen auch gute Nachrichten gegeben: Für die umstrittenen Präparate Celebrex und Bextra sah man keine Gefahr. Zwei Tage später sieht sich der Pharmazeut widerlegt – und einen Schritt tiefer in der Krise.

Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA, die neue Medikamente prüft und den Markt überwacht, hat Pfizer am Morgen aufgefordert, das Schmerz- und Arthritismittel Bextra vom Markt zu nehmen. Die Risiken und Nebenwirkungen des Medikaments überstiegen bei weitem den Nutzen des Mittels. Darüber hinaus habe Bextra keine Wirkung, die nicht auch andere verwandte Präparate hätten.

Die FDA hat ihre Anweisung übrigens in aller Ruhe übermittelt, und ohne Panik zu säen. Dass die Behandlung von Patienten mit Bextra gefährliche Nebenwirkungen haben und sogar eine tödliche Hautkrankheit auslösen könnte, sei bislang nur durch wenige Fälle dokumentiert. Nur sechs von einer Million Patienten hätten entsprechend auf Bextra reagiert.

Pfizer distanziert sich vom Urteil der FDA, hat Bextra aber mit sofortiger Wirkung in USA und Europa zurückgerufen.

Nicht ganz so drastisch ist der Befund der Ärzte für Celebrex, den zweiten COX2-Stopper. Bei dem seien die Nebenwirkungen nicht so krass, meint das Expertengremium. Celebrex darf weiter verkauft werden, bekommt künftig aber einen schwarz umrandeten Warnhinweis, ähnlich den erschreckenden, aber wenig wirksamen Killer-Aufdrucken auf Zigarettenschachteln.

Obwohl dem Management bei Pfizer am Donnerstagmorgen folglich kaum zum Feiern zumute ist, hätte vieles schlimmer sein können. Der Pharma-Analyst bei Lehman Brothers meint gar, dass Pfizer künftig höhere Umsätze bei Celebrex einfahren könne, da Bextra-Patienten – und die bereits vor einem halben Jahr betroffenen Vioxx-Nutzer – neue Behandlungen suchten. Der dicke Warnhinweis dürfe dabei kein wirklicher Marktnachteil sein, heißt es, denn den trügen bald sämtliche COX2-Stopper.

Lehman Brothers rechnet dennoch damit, dass Pfizer die gerade erst auf 2 Dollar pro Aktie gesenkten Ertragsprognosen noch einmal um bis zu 7 Cent senken muss. Dass das im Donnerstagshandel nicht für größere Verluste sorgt, hat zwei Gründe. Zum einen hat der Markt eben erst vernommen, wie Pfizer über die nächsten drei Jahre restrukturieren und ab 2008 etwa doppelt soviel Kosten sparen will wie bisher angenommen. Die langfristigen Aussichten sind also nicht so schlecht.

Zum anderen kamenm die schlechten Nachrichten für Celebrex und Bextra alles andere als aus heiterem Himmel. Als der Dow-Konkurrent Merck im Oktober letzten Jahres sein Medikament Vioxx vom Markt nehmen musste, standen die beiden Pfizer-Mittel sofort mit in dn Schlagzeilen – immerhin ist die Struktur aller drei Medikamente sehr ähnlich. Die Aktie von Pfizer hat seit dem Aus für Vioxx auch zwischen zehn und zwanzig Prozent an Wert verloren – das Potenzial eines Rückzugs für die eigenen Schmer- und Arthritismittel war also zumindest teilweise eingepreist.

In den nächsten Tagen könnte die Pfizer-Aktie laut Analystenmeinung durchaus nach oben ausschlagen. Dem hohen Verkaufsfdruck am Donnerstag stehen nämlich trotz der schlechten Nachrichten zahlreiche Käufer gegenüber, weshalb die Kursverluste auch im Rahmen bleiben. Technische Experten diagnostizieren damit einen Boden für Pfizer. Zudem gibt es durchaus die Chance, dass Bextra nach weiteren Tests wieder auf den Markt gebracht werden darf – und das ist beim aktuellen Kurs nun bestimmt nicht eingerechnet.

© Wall Street Correspondents Inc.
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