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Alt 20-04-2005, 20:28   #202
Starlight
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Sieben Gründe für rote Pfeile

Jim Jubak ist ein sympathischer Mann. Er hat einen Schnurrbart, unter dem er stets verschmitzt lächelt, egal ob er gerade einen boomenden Hightech-Wert oder den Preisanstieg von Öl kommentiert. Jubak ist dank zahlreicher Fernsehauftritte einer der bekanntesten Marktkommentatoren in den USA – und dieser Tage macht er Anlegern nicht gerade Mut.

Wirklich überraschend ist das nicht, zumal die US-Konjunktur in einer angespannten Situation steckt und nicht zuletzt die großen Indizes in der letzten Woche so steil abstürzten wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Auch das magere Aufwärts-Volumen in dieser Woche der überwiegend starken Quartalszahlen und der Kampf des Dow auch um kleinste Zuwächse lassen nicht gerade Euphorie aufkommen.

Umso schockierender ist jedoch, dass Jubak am heutigen Mittwoch gleich sieben Gründe aufzählt, warum der Aktienmarkt auch von seinem aktuell niedrigen Niveau weiter einbrechen wird:

Da wäre zum einen die technische Komponente, der Jubak Beachtung schenkt. Der Dow ist vor einigen Tagen unter seinen 50- und 200-Tages-Durchschnitt gebrochen, fasst der Analyst die jüngsten Bewegungen zusammen. Nachdem die Blue Chips auf dem Weg zum aktuellen Stand diese und mehrere andere Unterstützungslinien gebrochen haben, sieht er erst bei 9750 Punkten wieder Unterstützung für den Dow – damit stünde dem Standardindex gemessen am Mittwochsniveau noch einmal ein Absturz um 4 Prozent bevor.

Wie niedergeschlagen die Börse ist, macht Jubak unterdessen daran fest, dass die Indizes zuletzt auf den fallenden Ölpreis hin nicht klettern konnten – ein Punkt, der in den vergangenen Tagen von Experten mehrfach angesprochen wurde. Zeigt die Entwicklung doch, dass Anleger hinter der Dauer-Ausrede hoher Ölpreise tiefere Probleme für die US-Märkte erkannt haben. Die starken Ergebnisse der Dow-Riesen am Dienstag und Mittag setzen den Punkt indes auf beeindruckende Weise fort: Auch sie veranlasen keine angemessene Rallye für den Leitindex der Wall Street.

Das liegt unterdessen daran – dritter Punkt der Jubak-Liste –, dass die jüngsten Wachstumsprognosen stets abwärts gingen, nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Volkswirtschaften.

Das Verhältnis der USA zu den internationalen Partnern unterdessen ist ein weiteres Problem: Das ohnehin exorbitante Handelsbilanzdefizit dürfte nämlich munter weiter steigen. Schließlich wächst die US-Wirtschaft und damit die hiesige Güternachfrage weitaus stärker als die in Zulieferstaaten wie China und Japan oder auch in Europa. Deren Importe aus den USA dürften mittelfristig nicht zunehmen, was auf lange Sicht den Haushalt und den Markt belasten dürfte.

Mitten in der Konjunkturdebatte darf ein Blick auf die Fed nicht fehlen: Angesichts der jüngsten Preis- und Inflationsdaten dürfte die Notenbank, da ist sich Jubak mit den meisten Experten auf dem Parkett einig, weiter die Zinsen anheben. Wenn sich die Wall Street jüngst angesichts der Fed-Protokolls vom März darüber freute, dass mit einem Zinsanstieg um 50 Basispunkte wohl in nächster Zeit nicht zu rechnen ist, so scheinen doch weitere regelmäßige 25-Punkte-Schritte unausweichbar.

Jubak wirft auch einen Blick in den Hightech-Sektor, um eine Marktprognose zu erschließen. Die schwachen Zahlen aus der Branche, wo IBM enttäuschte und auch die guten Zahlen von Intel angesichts einer gleichzeitig gemeldeten schwachen Auftragslage in der Chipzulieferer-Branche nicht für Euphorie sorgen, drücken den Markt.

Und auch zwei andere Sektoren – Energie und Transport – hätten ihre Führungsrolle im Markt der letzten paar Monate aufgegeben und seien inmitten einer Korrektur. Das sei, so Jubak, an sich nicht ungewöhnlich nach einer Rallye, doch sei nun mit einer Bodenbildung zu rechnen, die von den jüngst steil stürzenden Branchen vorgegeben werde.

Abschließend meint der Mann mit dem Schnurrbart – und dem doch nicht immer verschmitzt lächelnden Gesicht –, dass die Verluste der vergangenen Woche nur der erste Teil einer Abwärtsbewegung waren. Eine weitere steht kurz bevor, bis Dow und Co. ihren Boden finden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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