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Alt 29-04-2005, 20:31   #209
Starlight
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Die High-Techs verabschieden sich

Wahrscheinlich wäre die Börse heute noch ein Hobby für die finanzielle Elite, hätten nicht in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre die Hightechs geboomt und zwischen New York und Frankfurt, zwischen Houston und Wanne-Eickel jeden für Aktien begeistert, der auch nur ein paar Kröten zu investieren hatte. Das ist lange her, die Hightechs sind längst zum Sorgenkind des Marktes geworden und einige ziehen sich jetzt zurück.

Am Freitag gehört die Aktie von Sun Microsystems zu den Top-Gewinnern an der Nasdaq. Diese Stellung nimmt das Papier nur selten ein. Meist treibt es eher träge hinter Konkurrenten wie IBM, Hewlett-Packard und Dell her – und auch die gehören längst nicht mehr zu den Muntermachern im New Yorker Handel.

Dass der Server-Bastler am Freitag um satte 7 Prozent zulegt, hat einen einfachen Grund: Das Unternehmen verfolgt offensichtlich Pläne, sich bald aus dem öffentlichen Handel zurückzuziehen. CEO und Mitgründer Scott McNealy plant, das Unternehmen mit Unterstützung von Silver Lake Partners zu privatisieren. Zwischen 5 und 5,50 Dollar will er für die Aktie zahlen. Das entspricht einem Aufschlag von guten fünfzig Prozent auf den letzten Schlusskurs und taxiert den Wert des Unternehmens zwischen 16,9 und 18,6 Milliarden Dollar.

Für Experten macht der Deal durchaus Sinn. „Sun war zuletzt ein reines Spekulationsobjekt“, meint Mark Stahlman, Computer-Analyst beim Brokerhaus Caris & Co. „Wenn das Unternehmen privatisiert wird, gewinnt es an Flexibilität und muss sich nicht mehr mit den alltäglichen Sorgen des Aktienmarktes belasten.“

Ein wenig Flexibilität dürfte Sun Microsoft in der Tat gut tun. Denn die Aktie, die auf der Höhe des Hightech-Booms Ende 1999 bei 64 Dollar handelte und in den letzten drei Jahren kein einziges Mal aus der Handelsspanne zwischen 3 und 6 Dollar ausbrechen konnte, spiegelt nicht wieder, welche Unternehmenswerte in Sun Micro liegen.

Immerhin: Das Unternehmen besitzt die Programmiersprache Java und das Betriebssystem Solaris, die nicht nur als innovativ gelten, sonden auch einen festen und loyalen Kundenstamm haben. Außerdem hat Sun gerade eine Serverreihe entwickelt, die mit dem neuen Opteron-Prozessor von AMD arbeitet und für Schlagzeilen sorgen dürfte.

Dass sich solche und weitere Projekte viel leichter entwickeln lassen, wenn sich das Management nicht auf Quartalszahlen und Prognosen und den Kurs einer Aktie konzentrieren muss, liegt auf der Hand. Und Sun Micro ist auch nicht das erste Unternehmen der Branche, das den Weg von der einst verheißungsvollen Börse in private Hände geht: Es gibt mindestens zwei prominente Beispiele, in denen in der Vergangenheit auch Silver Lake Partners als Geldgeber beteiligt war.

So hat erst im März SunGard Data Systems bekannt gegeben, für 11,3 Milliarden Dollar privat zu gehen, und bereits im Jahr 2000 zog der Laufwerk- und Festplatten-Hersteller Seagate Technology Konsequenzen aus dem unattaktiven Börsenumfeld und kaufte sich für 2 Milliarden Dollar frei. Mit Erfolg: Mittlerweile ist das Unternehmen wieder an der NYSE notiert und hat einen Marktwert von 8,3 Milliarden Dollar.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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