Sell in May and go away?
Von Volker Tietz
Zwei Wochen sind seit meiner jüngsten Kolumne verstrichen, aber richtig viel ist nicht passiert. Wie vermutet, hat sich der DAX zu einer Gegenbewegung aufgerafft. Als Initialzündung diente unter anderem der US-Arbeitsmarktbericht für den Monat April, der mit 274.000 neuen Stellen um rund 100.000 Stellen besser als erwartet ausfiel.
Der deutsche Leitindex kletterte daraufhin wieder über die 4300er-Marke, aber jetzt versiegen die Kräfte bereits. Bevor die Widerstandslinie bei 4320 Zählern nicht geknackt wird, ist auch das alte Jahreshoch bei rund 4435 Punkten in weiter Ferne. Die Seitwärtstendenz hält damit an. Auf der Unterseite muss die Unterstützung bei 4220 oder spätestens bei 4160 Zählern halten, damit die Bären nicht die Oberhand gewinnen.
Auch beim DAX-Sentiment deutet sich an, dass der Trend zum Ausnutzen der angesprochenen Range anhält. Oben verkaufen, unten einsteigen - nach dieser Devise handeln kurzfristig orientierte Akteure. Eines steht aber fest: Sollte der Ausbruch in eine Richtung gelingen, gibt es einige Schieflagen, die eingedeckt werden müssen und den Trend verstärken.
Wie unsicher die Lage ist, zeigt sich auch an der Charttechnik. Der Timing-Indikator und der Relative-Stärke-Index drehten aus dem überverkauften Bereich nach oben, zudem steigt der 200-Tage-Durchschnitt. Das ist positiv zu werten. Allerdings zeigt der MACD nach unten - und dieser Trendfolgeindikator ist durchaus ernst zu nehmen. Bei negativen Signalen lag er zumeist richtig.
Aus fundamentaler Sicht gibt es durchaus Hoffnung: Die Unternehmenszahlen in der Euro-Zone waren überwiegend gut, der Export in Deutschland läuft hervorragend, Der Euro ist im Vergleich zum US-Dollar rückläufig, der Ölpreis fällt tendenziell. Auf der anderen Seite weiß der Staat nicht mehr so recht, wie er unser Land finanzieren soll - die jüngste Steuerschätzung fiel noch schlechter aus als vermutet. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wird wieder diskutiert und irgendwann kommt sie auch. Das wird die Ausgaben der privaten Haushalte nicht gerade beflügeln.
Spannend ist mittlerweile die Entwicklung bei den Anleihen, deren Renditen immer weiter fallen. Handelt es sich wirklich um eine Bondblase, die wie die Aktienblase vor fünf Jahren platzt? Im aktuellen Heft haben wir einen Chart abgebildet, der erstaunliche Parallelen aufweist, wenn man das KGV der Bundesanleihen um fünf Jahre gegenüber dem DAX-KGV verschiebt. Allerdings fragt man sich momentan, wodurch steigende Zinsen in der Eurozone gerechtfertigt werden könnten. Die Inflation scheint unter Kontrolle und wenn man Deutschland isoliert betrachten könnte, wäre eher eine Senkung der Leitzinsen angebracht.
Mein Fazit: Eine Prognose ist zurzeit außerordentlich schwierig, denn die Entscheidung zögert sich weiter hinaus. Ich könnte mir vorstellen, dass sich der DAX erst noch einmal gen Süden orientiert und alle Bullen verschreckt, ehe die Rally einsetzt. "Sell in May and go away" könnte es für den Mai gelten. Allerdings stimmt vielleicht nur der erste Teil des Satzes und wenn alle optimistischen Börsianer verzweifeln, ist der Zeitpunkt zum Einstieg gekommen. Selbst wenn der DAX die 4320-er Marke knacken sollte, kann ich mir augenblicklich nicht vorstellen, dass wir neue Jahreshochs aufstellen. Ich bleibe vorsichtig
Ich will das Thema nicht wieder groß aufwärmen, aber die kommende Woche hat vier Werk- und fünf Handelstage - mag sich jeder seinen Teil dazu denken. An Christi Himmelfahrt gab es Institute, die mit Sonderkonditionen Trader zum Handeln animiert haben. Meine Meinung ist bekannt: An bundeseinheitlichen Feiertagen sollte auch die Deutsche Börse ihre Pforten geschlossen halten!
Ein kurzer Ausblick noch auf die wichtigsten Termine der Woche:
Unternehmen:
Dienstag, 17. Mai: Hewlett Packard QZ (Prognose: 0,36 US-Dollar Gewinn je Aktie)
Mittwoch, 18. Mai: Deutsche Bank HV
Mittwoch, 18. Mai: Deutsche Post HV
Mittwoch, 18. Mai: Metro HV
Donnerstag, 19. Mai: Deutsche Postbank HV
Freitag, 20. Mai: Commerzbank HV
Konjunkturtermine:
Dienstag, 17. Mai (14.30 Uhr): US-Erzeugerpreise für April
Dienstag, 17. Mai (15.15 Uhr): US-Industrieproduktion für April
Mittwoch, 18. Mai (14.30 Uhr): US-Verbraucherpreise für April
Mittwoch: 18. Mai: Rohöl- und Benzinlagerbestände in den USA
Donnerstag, 19. Mai (14.30 Uhr): Wöchentliche US-Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung
Donnerstag, 19. Mai (16 Uhr): US-Frühindikatoren für April
Ich wünsche Ihnen schöne Pfingsten und eine erfolgreiche Woche!
Quelle: BörseOnline