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Alt 01-06-2005, 20:57   #4
Starlight
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Der steile Trip der Google-Aktie

Der Startschuss ist gefallen, das absurde Rennen um das Kursziel für Google läuft. Immer mehr Analysten sehen die Aktie immer steiler klettern, am Mittwoch sind es die Experten bei der Credit Suisse First Boston, die ihren Hut in den Ring werfen.

Mit einem Kursziel von 350 Dollar ist der CSFB-Analyst damit der mutigste. Am Vortag hob Piper Jaffray die Aussichten für die Suchmaschine auf 300 Dollar an, bei Think Equity Partners tippt man auf 330 Dollar und bei JMP Securities auf 310 Dollar.

Google-Aktionäre freuen sich natürlich über das erneute Interesse des Marktes an ihrer Aktie, die allerdings während ihrer Zeit an der Börse – die Suchmaschine ist erst seit einem starken Dreivierteljahr notiert – nie wirklich uninteressant war. Im Gegenteil: Dass Google seit etwa zwei Wochen als Kandidat für den renommierten S&P-500-Index im Gespräch ist, unterstreicht die Bedeutung des Papiers.

Während des IPO war das nicht unbedingt zu erwarten gewesen – im Gegenteil. Zur Erinnerung: Google hatte im August 2004 eigentlich für rund 130 Dollar an den Markt gehen sollen, was Börsianern zu viel war. Die Erstemission ging schließlich für 90 Dollar über die Bühne, doch handelte das Papier mit dem Kürzel GOOG bereits am ersten Tag zwischen 95 und 105 Dollar.

Seither ging es in abenteuerlichen Schritten bergauf. Die Aktie notierte schon nach zehn Wochen bei 200 Dollar, erst in der vergangenen Woche durchbrach sie die Marke von 250 Dollar… und kein Ende ist in Sicht.

Schon gar nicht für die Analysten, die den Internet-Star nun immer höher pushen. Für die einen ist es Googles Expertise in Applikationen außerhalb des Such-Geschäfts, für die anderen ist es der Umsatz mit Werbung, der immer weiter steigen soll.

Dabei übersehen die Experten so manches, was Google ganz schnell ausbremsen könnte. Zum einen liegt das KGV der Aktie mittlerweile weit über 100, was manchen Anleger verunsichern könnte und das Papier eigentlich nur noch für Investoren mit großer Lust auf Risiko interessant macht. Auch die hohe Anzahl von Aktien, die von Management und anderen Insidern gehalten wird, trägt nicht gerade zur Stabilität des Kurses bei. Immerhin können die Google-Gründer und ersten Investoren längst wahre Aktienberge abstoßen, was den Kurs jederzeit drücken könnte.

Doch sind es nicht nur technische Einwände – das Unternehmen steht mit seinem hohen Börsenwert auf einer Stufe mit dem Medien-Imperium Time Warner –, sondern auch ganz fundamentale Gedanken. So sind neue Produkte von Google nicht immer unumstritten. Der erst jüngst eingeführte Kartenservice mit Satellitenbildern ist zwar ein gern genutzter Spaß für viele User, gilt aber rechtlich noch als umstritten. Zahlreiche andere Produkte in der Google-Pipeline sind gar nicht detailliert bekannt.

Das heißt nicht, dass Google keine guten Ideen hat. Im Gegenteil: Die dürftige Kommunikationspolitik der Suchmaschine ist nicht neu und hat bisher nie den Gedanken gerechtfertigt, dem Unternehmen würde es an innovativen Produkten mangeln. Fraglich ist aber, ob die monströsen Wachstumsprognosen der Analysten machbar sind, und ob die Umsatz- und Gewinnentwicklung direkt auf die Aktie übertragen werden.

Das aktuelle KGV spricht dagegen, doch ist die positive Meinung der Analysten zumindest in diesen Tagen eine Prophezeihung, die sich selbst erfüllt. Wenn nämlich täglich ein Analyst das Kurziel für Google weiter nach oben schraubt, dann hält das das Interesse der Käufer – und damit den Kurs – zumindest eine Zeit lang im Aufwärtstrend.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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