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Alt 17-02-2006, 22:04   #424
Starlight
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Schnee-Bonus für die Konjunktur

Wer in New York aus dem Fenster sieht glaubt kaum, dass der schwerste Schneesturm der Geschichte erst eine Woche zurück liegt. Denn: Der Schnee ist so gut wie weg, der Alltag in Manhattan und im ganzen Nordosten ist kaum unterbrochen werden. Manche Experten glauben jetzt, dass der Schnee der US-Wirtschaft eher genutzt als geschadet hat.

Rückblickend scheint der Schnee die spannendste Geschichte der letzten Woche gewesen zu sein – trotz Bernanke und Quartalszahlen. Wir erinnern uns: In der Nach auf Freitag fing es an, und binnen weniger Stunden war New York City unter einer 70 Zentimeter dichten Schneedecke verschwunden. Für die Stadt ist so etwas zunächst einmal teuer: Bürgermeister Michael Bloomberg gibt als Faustregel aus: Jedes Inch kostet eine Million – so ist das Stadtsäckel nun um 27 Millionen Dollar leichter.

In anderen Städten – vom Schneesturm betroffen waren auch Washington, D.C., Boston, Philadelphia und Baltimore – sieht die Bilanz ähnlich aus. Doch Irwin Kellner, Professor für Volkswirtschaft an der New Yorker Hofstra University, schaut über die Kosten- auch die Nutzenseite an. Alle Städte im Nordosten hätten ihre Mitarbeiter Überstunden machen lassen und darüber hinaus Zeitarbeiter eingestellt, meint er. „Die Kaufkraft der Arbeitsnehmer im Nordosten steigt dadurch deutlich.“

Der Einsatz vieler Zeitarbeiter hatte eine weitere wichtige Folge: Der Schnee war schneller weg denn je. Die meisten Städte waren außergewöhnlich gut organisiert, und dass der Sturm am Samstag tobte, ließ genug Zeit zum Räumen, bevor zum Wochenbeginn die Wirtschaft massiv betroffen gewesen wäre. Die Folgeschäden des Schneesturms für die Konjunktur dürften damit niedriger sein als bei bisherigen Unwettern.

Nicht zu unterschätzen seien, so Kellner, auch die Ausgaben der Verbraucher für Winterartikel. Warme Kleidung hatte wegen des ungewöhnlich angehmen Winterwetters bis kurz vor dem angekündigten Schneesturm bleischwer im Regal gelegen. Die Umsätze unmittelbar vor dem Wochenende waren stark. Nicht nur an Kleidung, wohlgemerkt, sondern auch mit Schneeschaufeln und Schneefräsen, mit Salz und Schlitten.

Einen großen Schub, so Kellner, dürften auch die Lebensmitteluzmsätze erfahren. „Vor einem Schneesturm neigen die Leute zu Hamsterkäufen, während und nach dem Sturm essen sie mehr.“

Zahlen dazu wird es wohl in den nächsten Tagen geben, und vielleicht erfährt die US-Wirtschaft ja wirklich erstmals einen Schnee-Bonus. Trotzdem wäre man auch an der Wall Street froh, wenn der jüngste Sturm der letzte der Saison war.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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