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Alt 21-02-2006, 19:58   #425
Starlight
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Auf der Suche nach Spitzenkräften

Der Arbeitsmarkt gehört zu den Konjunkturbereichen, die Investoren am meisten Sorgen bereiten. Zum Wochenbeginn liegt eine neue Studie vor, die eine bisher wenig beachtete Seite der Problematik zeigt: Es mag zu viele Amerikaner geben, die Arbeit suchen, doch gibt es bei weitem zu wenige Qualifizierte unter ihnen.

Dass Arbeitgeber nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte finden, ist wohlgemerkt kein amerikanisches Problem. Die Analysten vom Marktforschungsinstitut Manpower haben Umfragen in 23 Ländern durchgeführt und sehen ein ähnliches Dilemma bei 33 000 Unternehmen überall – von den USA über Europa bis nach Asien.

Die größten Probleme, Führungspositionen zu füllen, sieht man in drei Bereichen: im Verkauf, in der Technologie und in der Produktentwicklung.

Vor allem im Verkauf suchten Unternehmen immer weniger einfach nach Köpfen, die Anrufe tätigen könnten. Vielmehr sucht man Fachleute, die ein Marktsegment inwendig kennen und durch selbst entwickelte und verfeinerte Verkaufssysteme den Umsatz maximieren.

„Die Talentkrise am Arbeitsmarkt wird immer schlimmer“, zieht Manpower-CEO Jeffrey Joerres Bilanz. Auch sei mit keiner raschen Verbesserung zu rechnen. In der Vergangenheit sei eine Talentknappheit immer zyklisch gewesen, „doch diesmal haben wir ein echtes Problem, das für Jahrzehnte andauern könnte.“

Ursachen für den verheerenden Trend gibt es viele, in den USA ist eine davon sicherlich die immer tiefere Kluft zwischen Ober- und Unterschicht. Man lebt nicht nur auf höchst unterschiedlichem Niveau, sondern man lehrt und lernt auch so. Während die amerikanischen Top-Unis wie Harvard, Stanford und MIT nach wie vor zu den internationalen Kaderschmieden gehören, baut das allgemeine Schulsystem weiter ab.

Die von Präsident George W. Bush einst vorgeschlagene Reform „No child left behind“, mit der das Niveau in den Schulen hatte angehoben werden sollen, ist bis heute nicht finanziert und angesichts des Rekorddefizits auch in naher Zukunft nicht finanzierbar. Dazu kommt, dass sich die öffentlichen Schulen mit immer größeren Schikanen herumärgern müssen, die vom eigentlichen Unterricht ablenken.

Da wäre die Diskussion um die Evolutionslehre im Biologieunterricht, der die Republikaner aus rein ideologischen Gründen die Lehre der Schöpfung gegenüberstellen wollten. Da wäre der anhaltende Streit um religiöse Formeln im Schulalltag. Am Wochenende wurde die Klage eines Psychologen in Texas bekannt, der die Grußformel „Good morning, boys and girls“ verbieten will. Mit der Unterscheidung in „Jungen“ und „Mädchen“ würden Lehrer die Kids im frühen Alter in ein geschlechtlich diskriminierendes Denken zwingen.

Solche Quatsch-Klagen machen es den ohnehin überstrapazierten Institutionen nicht eben leichter, den Lehrplan aufzubessern. Dazu aber wäre es allerhöchste Zeit, wie die Manpower-Studie zeigt.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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