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Alt 03-03-2006, 20:54   #433
Starlight
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„Oscar“ bringt das große Geld
Er ist klein und kahlköpfig, und doch reißen sich Hollywood-Stars um den Kerl. Die Rede ist vom Oscar, der am Wochenende zum 78. Mal vergeben wird. Hollywood ist gespannt, zwischen Rotem Teppich und Nachfeiern bahnt sich eine spektakuläre Party an. Auch die Wall Street schaut zu, denn es geht neben der Filmkunst auch um viel Geld.

Dass der Oscar Filmen nicht nur Anerkennung und Prestige bringt, ist weithin bekannt. Und doch ist die Situation in diesem Jahr anders als sonst. Denn der Geldregen für Oscar-Gewinner könnte fetter ausfallen denn je zuvor. Der Grund: Unter den Filmen mit den meisten Nominierungen sind kaum Kassenschlager. Viele kleine Produktionen werden durch den Oscar nicht nur geadelt, sondern einer Mehrheit erst bekannt – die Ticketverkäufe an den Kinokassen könnten ab der nächsten Woceh in die Höhe schnellen.

Allein unter den fünf Filmen, die als „Bester Film“ und „Beste Regie“ in den wichtigsten Kategorien nominiert sind, hat noch kein einziger die 100-Millionen-Grenze überschritten. Und zwar bei weitem nicht. Selbst der mittlerweile weithin bekannte Schwulen-Western „Brokeback Mountain“ hat bisher nur 75,8 Millionen Dollar eingespielt. Der Streifen aus der Focus-Schmiede von NBC Universal, einer Tochter von General Electric, gilt als haushoher Favorit und könnte mit einem Oscar ausgezeichnet auch die Kinofans interessieren, die sich bisher wegen des anstößigen Themas – Homo-Sex unter Amerikas männlichsten Männern – von dem Streifen ferngehalten hatten.

Von NBC Universal stammt mit „München“ ein zweiter Film, der für beide Top-Kategorien nominiert ist. Steven Spielbergs Arbeit zum Olympia-Attentat von 1972 hat bieher rund 50 Millionen eingespielt, ebenso wie „Crash“, ein Film über Rassismus in Los Angeles, den Lionsgate Films ins Rennen schickt. Jeweils unter 30 Millionen haben die beiden anderen Kandidaten bisher eingespielt, und entsprechend hoch wäre der Oscar-Bonus für „Good Night, and Good Luck“ von Time Warner und „Capote“ von Sony.

Die kleinen Filme könnten ihre Einspielergebnisse locker verdoppeln, meint der Film-Analyst Gitesh Pandya. „Wer mit 50 Millionen Dollar ins Rennen geht, könnte gut 100 Millionen rausholen“, so der Experte, der schon erste Zahlen gesehen hat. So hat „Good Night, and Good Luck“ die Zahl der bespielten Kinos in der Woche nach der Oscar-Nominierung von 105 auf 800 gesteigert.

Den bisher erfolgreichsten Film unter den Nominierten für die wichtigsten Kategorien hat übrigens Fox aus dem News-Corp.-Imperium beigesteuert. Die Johnny-Cash-Bio „Walk the Line“ hat bisher 117,6 Millionen Dollar eingespielt. Statuen könnten am Sonntagabend an die beiden Hauptdarsteller Joaquin Phoenix und Reese Witherspoon gehen, die aber nicht als Favoriten gelten.

Größter Verlierer unter den großen Studios ist übrigens – wie so oft in den letzten Jahren – Walt Disney. Nur das Moral-Märchen „Narnia“ ist für den Oscar nimoniert, allerdings nur in weniger wichtigen Kategorien wie Make-Up und Spezialeffekte.

Disney könnte hingegen in einer anderen Kategorie zulegen. Die Fernseh-Tochter ABC nämlich überträgt die größte Party Hollywoods live und damit nach dem SuperBowl schon das zweite Mega-Ereignis in diesem Jahr. Und nachdem die Einschaltquoten für den Oscar in den letzten Jahren stetis niedriger wurden, hofft man nun auf eine Trendwende. ABC hat den Comedy-Talker Jon Stewart als Moderator verpflichtet. Dessen Polit-Komik, bekannt durch Stewarts tägliche Sendung beim TV-Sender „Comedy Central“ soll ein größeres und jüngeres Publikum anlocklen als in den letzten Jahren.

Ob der Plan aufgeht und entsprechend die Werbe-Einnahmen in den nächsten Jahren steigen könnten, wird sich am Sonntagabend zeigen – die Wall Street dürfte schon im frühen Montagshandel reagieren.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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