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Alt 15-03-2006, 20:34   #441
Starlight
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Big Brother is googling you

Der riesige Informations- und Datenfluss ist der größter Vorteil des Internet – und dessen größte Gefahr. Wo Informationen für jedermann zugänglich sind, fallen sie auch in falsche Hände. Die Diskussion um Datenschutz ist so alt wie das Internet selbst. In den nächsten Tagen wird ein US-Gericht entscheiden, wie sicher die Privatsphäre der User künftig sein wird.

Um es vorweg zu nehmen: Die Datenschützer haben im Fall „Google gegen USA“ nicht die besten Karten. Vor allem weil der Fall eigentlich „Google/Yahoo/Microsoft gegen USA“ heißen sollte. Die US-Regierung hatte nämlich alle drei Unternehmen aufgefordert, Millionen von Suchbegriffen und Webseiten auszuliefern, die amerikanische Internetbenutzer in einem bestimmten Zeitraum getippt und geklickt hatten.

Yahoo und Microsoft gehorchten, nur Google besann sich auf sein Motto „Don´t do evil“. Du sollst nichts Böses tun – private Daten an die Regierung zu liefern sah man als Böse an, zumal die Forderung aus Washington nur sehr vage begründet war.

Die Regierung hat sich wieder einmal dem Thema Internetpornographie und Jugendschutz angenommen. Man fürchtet, dass die allgemein verbreitete Internet-Software nicht ausreicht, Jugendliche vor Pornographie und ähnlichen Inhalten zu schützen. Würde sich das bestätigen, will Washington ein entsprechendes Jugendschutzgesetz verschärfen um gegen die Anbieter entsprechender Inhalte vorgehen zu können.

Die Absicht der Regierung in allen Ehren, doch lassen sich laut amerikanischer Verfassung Unterlagen und Dokumente über unbescholtene Bürger nicht einfach beschlagnahmen, wenn kein dringender Tatverdacht vorliegt. Und den sehen weder Google noch der auf Datenschutz spezialisierte Rechtsanwalt Andrew Serwin. Obwohl die Regierung ihre Forderung an Google auf nur noch 5000 Suchbegriffe heruntergescharubt hat, kritisiert er, es gebe keinen Vorwurf gegen die Bürger, die diese Suchbegriffe eingetippt hätten. Dem Staat fehle die rechtliche Grundlage für eine Vorladung von Google und die gewünschte Akteneinsicht.

Das Gericht scheint das ähnlich zu sehen, wie am ersten Prozesstag deutlich wurde. Doch zeigte sich die Justiz vor Beginn der Urteilsfindung auch erfreut darüber, dass die Regierung die gewünschte Datenmenge reduziert hat. Das indes beeindruckt die Datenschützer bei Google und beim liberalen Cato Institute nicht. „Es geht um´s Prinzip“, meint Cato-Direktor Jim Harper. „Sie stecken jetzt nicht mehr den Kopf in unser Zelt, aber noch immer die Nase.“

Während Google dem Ausgang des Verfahrens gelassen entgegensieht – im schlimmsten Fall müsste man einige Dokumente freigeben, aber nicht so viele wie anfangs gefordert –, kann die Regierung nur verlieren. Seit Präsident George W. Bush das heimliche Abhören von Telefongesprächen durch seinen Geheimdienst genehmigte, ohne die verfassungsmäßig vorgeschriebene richterliche Genehmigung einzuholen, steht er ohnehin in dem Ruf, die Privatsphäre seiner Bürger zu verletzen. Verliert man nun gegen Google, wäre ein weitere Versuch Daten zu sammeln in aller Öffentlichkeit fehlgeschlagen. Gewinnt man den Prozess, wird man die Daten ausgeliefert bekommen – was dem auf Privatsphäre bedachten Wähler wieder nicht passen dürfte.

Ein Urteil im Prozess „Google gegen USA“ wird in der nächsten Woche erwartet.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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