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Alt 23-10-2006, 20:33   #569
Starlight
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Keine Angst vor der Fed

Alle paar Wochen blickt die Wall Street nach Washington, wo die Wirtschaftsexperten der Notenbank unter Druck stehen. Mit jedem Wort aus der erlesenen Runde klettern und fallen schließlich Aktien und Anleihen. In dieser Woche jedoch dürften die Notenbanker gelassen in die Sitzung gehen, es werden keine großen Entscheidungen erwartet.

Seit Wochen schon erklärt die Notenbank, dass man nach 17 Zinsanhebungen über fast zwei Jahre nun an einem Scheidepunkt angelangt sei, an dem man genauer hinsehen will, um die weitere Zinspolitik bestimmen zu können. Man stoppt also den Automatismus der „schrittweisen Anhebungen“, mit dem der US-Leitzins von 1,0 auf mittlerweile 5,25 Prozent gepusht wurde – jetzt sollen Daten den langfristigen Trend bestimmen.

Die Daten der letzten Wochen nun haben deutlich gemacht, dass diese Herangehensweise der Fed durchaus angebracht ist. Das Wirtschaftswachstum ist etwas schwächer geworden – das Bruttoinlandsprodukt wird in seiner revidierten Lesung am Freitag mit einem Wachstum von 2,0 Prozent erwartet –, und der Inflationsdruck lässt leicht nach.

Vor allem die Inflationskurve aber zeigt, dass die Fed durchaus noch länger hinsehen muss, um einen Trend mit Sicherheit ablesen zu können. Denn mal sind es dramatische sinkende Ölpreise, dann unerwartet hohe Automobilpreise, die die wöchentlichen Preisbarometer aggressiv ausschlagen lassen. Erst wenn diese Sub-Indizes weniger dominant in den Berichten über die wirklich gefühlte Inflation auftauchen, lässt sich sagen, ob die Zinsen sinken dürfen, ob sie noch einmal in Richtung der 6-Prozent-Marke steigen müssen, oder ob die Fed tatsächlich einen Moment der Balance gefunden hat, auf dem der Leitzins Wachstum und Inflation stabil hält.

Dazu wiederum hat auf dem Parkett jeder eine Meinung. Die Mehrheit sieht in der Schwäche am Immobilienmarkt langfristig die größte Gefahr für die amerikanische Konjunktur. Dank steigender Häuserpreise haben viele Amerikaner in den letzten Jahren ihre Häuser neu beliehen und Geld für andere Ausgaben bekommen – das geht nun nicht mehr. Damit tippen die meisten Experten auf baldige Zinssenkungen, die den Immobilienmarkt wieder in Schwung bringen könnten.

Andere fürchten noch immer um Inflation, und so sieht Mike Swanson, der Chef-Ökonom von Wells Fargo die Notenbank vor dem Problem, „zwei Schwergewichte auf einer Wippe“ zu haben. Das wiederum lässt darauf schließen, dass sich die Fed in nächster Zeit weiter ruhig verhalten wird. Wenn man das auch im Begleittext bestätigt, wäre bis Jahresende eine Politik der ruhigen Hand absehbar.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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