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Alt 02-10-2002, 15:22   #113
Snowfun
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Teil 2


Im Jahre 1996 schritt Intel ein und rettete die Situation, indem es seine eigene SDRAM-Version schuf; seither kann man in die meisten Computer Speicher nach dem Intel-Standard einbauen, und zwar ohne die nervenaufreibenden Konflikte, die viele von uns jahrelang in Rage versetzt haben.
Wenn ein SDRAM-Speicher den Stempel "JEDEC-konform" erhielt, war er nicht unbedingt mit anderen Speichern kompatibel . Anders gesagt waren die Speicherchips nicht standardisiert. Jede AA-Batterie funktioniert in einer Taschenlampe für diesen Batterietyp. Aber nicht jeder JEDEC-SDRAM-Speicher funktionierte in allen Geräten, für die er vorgesehen war. Wenn man damals als Verbraucher seinen Speicher aufrüsten wollte, konnte man das nicht mit irgendeinem alten JEDEC-SDRAM-Modul tun, sondern nur mit genau dem speziellen Baustein, der für das jeweilige Gerät vorgesehen war. Andernfalls traten schwerwiegende Probleme auf, die die Benutzer plagten und ihre Computer anfällig für diversen Ärger machten.

Gibt es mit DDR ein Déjà vu? Der DDR-Standard steuert geradewegs auf den gleichen Abgrund zu, und es sieht so aus, als müsse wiederum Intel einschreiten, um dem Verbraucher die Drangsal der mangelnden Interoperabilität zu ersparen. Es gibt zwar Standard-DDR-Speicher, der den JEDEC-Normen entspricht, aber selbst im höheren Geschwindigkeitsbereich arbeitet er bestenfalls stockend.

Die Presse und die Experten verurteilten Intel zwar dafür, dass das Unternehmen der Branche RDRAM aufgezwungen hat, aber warum sollte man Intel den Versuch vorwerfen, ein leistungsfähigeres, von Grund auf standardisiertes Speichersystem anzubieten, das den Prozessoren noch weit in die Zukunft hinein genügend Spielraum bietet – und das ohne Kompatibilitätsprobleme?

Intel wurde beschuldigt, die Branche mit Gewalt in Richtung Rambus gedrängt zu haben. Rambus war für Intels Schachzug ein willkommener Sündenbock. Rambus wurde eine beliebte Zielscheibe der Presse, und das Unternehmen wurde ständig Opfer bewusst falscher Berichte, die von Analysten und von CNBC für bare Münze genommen wurden. Es ist enttäuschend, dass einer der wenigen Analysten, die Rambus beobachten, seinen Klienten drei Mal hinterneinander falsche Informationen weitergibt, die in einem hochgradig ungenauen Wirtschaftsblatt veröffentlicht wurden, das bekanntermaßen schon öfter Falschheiten über Rambus geschrieben hat.

In der Verhandlung in Richmond wurde dargelegt, in welchem Maße im JEDEC die Heuchelei blühte. Dies passt zu der Unfähigkeit der Kommission, Technologien zu standardisieren. Der JEDEC-Vorsitzende Gordon Moore sagte dem Komittee, IBM würde der Gruppe seine Patentanmeldungen nicht öffnen; die Regeln über die Offenlegung von Patenten und Patentanträgen im JEDEC änderten sich ständig und waren immer zweideutig und unklar formuliert, und so weiter – man fragt sich, was die Vertreter und Mitglieder des JEDEC damals wirklich dazu bewogen hat, Rambus zu bitten, sich dem JEDEC anzuschließen.

Und warum sollte die Branche, nachdem Rambus zur Beteiligung aufgefordert worden war, einer Speicherlösung eine Absage erteilen, die 500 Prozent schneller war als alles, was es damals gab? Im Protokoll des Richmonder Prozesses findet sich vielfach das Eingeständnis, dass die Technologie, die Rambus den großen Speicherherstellern in Form eines von Intel gefertigten Probechips übergab, allen bestehenden Technologien weit überlegen war.

Bevor der Chip hergestellt worden war, sagten die Speicherhersteller gegenüber Rambus in Vorgesprächen, er würde nicht funktionieren, und die Erfinder hätten sich umsonst bemüht. Aber dann funktionierte er doch, sogar besser als die Rambus-Entwickler es erwartet hatten.


Natürlich würden Änderungen in der Infrastruktur erforderlich werden, und selbstverständlich würden die Hersteller für den Standard eine geringe Gebühr entrichten müssen, aber würde es das dem Endverbraucher auf lange Sicht nicht wert sein? Die Großserienproduktion würde dem Kostenproblem abhelfen, und es ist schon oft gezeigt worden, dass Rambus nicht mehr Lizenzgebühren forderte (manchmal sogar weniger) als andere Branchenmitglieder.
Texas Instruments erhält für jedes verkaufte SDRAM und DDR SDRAM Lizenzgebühren, und die Branche war nie dagegen, dass für die Verwendung geistigen Eigentums bezahlt wird.

Man fragt sich, was die Branche wirklich zu dem Versuch bewogen hat, dem Verbraucher diese Technologie vorzuenthalten. Wollte man Intel aufhalten? Oder ging es um die Gefahr, dass ein Speicherstandard wie RDRAM die Standardisierungsbemühungen des JEDEC überflüssig machen würde?

Den Bock hat allerdings die FTC mit ihrer Klage gegen Rambus abgeschossen. Die Behörde beschuldigt Rambus einer monopolistischen Vorgehensweise, die letztendlich dem Verbraucher geschadet habe, weil die Preise hochgetrieben und die Innovationstätigkeit gehemmt würde.
Wie bitte?
Abgesehen von Samsung verliert die gesamte Speicherbranche Unsummen bei dem Versuch, sich gegenseitig auszubluten. Der Speicher, den sie produziert, hat dank der Preisgestaltung RDRAM zu einem Nischenprodukt gemacht – wenn auch zu einem Gewinn bringenden. Richtiger ist, dass der Endverbraucher betrogen wird und einen mittelmäßigen Speicher-"Standard" benutzen muss, der gerade so ausreicht und nur deshalb billiger ist, weil er mit Verlust verkauft wird. Die FTC scheint zu verkennen, was Rambus allein schon durch die Konkurrenz für die Speicherindustrie getan hat. Die FTC sollte sich einmal fragen, wo die Speicherindustrie jetzt stehen würde, wenn Rambus nicht gewesen wäre.

Die vollkommen neue Technologie und das ebenso neuartige Geschäftsmodell von Rambus haben eine Branche aus dem Schlaf gerüttelt, die sich damit zufrieden gab, ein Massenprodukt herzustellen, dem so langsam die Luft ausging.
Wie sehr die Presse und Branchenvertreter es auch bestreiten mögen, Rambus hat SDRAM und DDR mithilfe mehrerer Konzepte verbessert, die ihren Ursprung in RDRAM haben .

Die meisten Menschen, die Nicht-Offenlegungs-Verträge unterzeichnet haben und von den Rambus-Ingenieuren etwas über Hochgeschwindigkeits-Speicher erfahren haben, kennen die Wahrheit.
Es entzieht sich dem Begriffsvermögen des Autors, warum Rambus nicht wegen seiner Technologie und seines Geschäftsmodells ein gefeiertes Unternehmen ist. Beides dürfte in der Zukunft große Anerkennung finden. Wenn wir uns wirklich auf die vielgepriesene Wissensgesellschaft (und -Wirtschaft) zubewegen, an deren Kommen sogar CNBC glaubt, sollte dann die Verkörperung des Wissens-Unternehmens von der Presse und von Seinesgleichen nicht ein wenig mehr Respekt erwarten können?
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Gruß
Snowfun
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