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Alt 20-03-2008, 20:12   #819
Starlight
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Woher kommt die Osterfreude?
Donnerstag, 20. März 2008

Auf dem Parkett der Wall Street herrscht am letzten Handelstag der Woche gute Stimmung. Eine Achterbahnwoche scheint trotz gemischter Daten mit deutlichen Gewinnen zu enden. Es scheint als hofften die Anleger, dass am Oster-Wochenende mit dem Herrgott auch die Börse wiederauferstehen könnte.

Dabei sollten die Spekulanten vielleicht noch einmal im Buch der Bücher blättern und sich erinnern, dass der Herr den Händlern gar nicht so wohl gesonnen war. Hatte er sie nicht einst aus dem Tempel verjagt?

Nun, jetzt haben sie ja ihren eigenen Tempel mit der schicken Adresse „11 Wall Street“ – und ihren eigenen Glauben haben sie auch. Ihren Glauben an die Unverwüstlichkeit der amerikanischen Wirtschaft und an eine baldige Erholung der Aktien-Indizes. Dafür lohnt es sich zu beten, denn von alleine dürfte sich die Lage auf absehbare Zeit nicht bessern.

Das beweisen nicht zuletzt die aktuellsten Wirtschaftsdaten. Der Überblick der Führenden Indikatoren fiel schwach aus, die jüngsten Zahlen vom Arbeitsmarkt zeigen, dass kaum neue Jobs entstehen. Und der Philly Fed Index als wichtigster Industrie-Indikator zeigt sich zwar besser als erwartet – aber dennoch deutlich im Minus. Mit einem Zählerstand von minus 17,4 Punkten lässt der Index ganz klar erkennen, dass es in der Branche abwärts geht. Dass die Wall Street mit einem Zählerstand von minus 18 Punkten gerechnet hatte, darf nicht allen Ernstes Grund für eine Rallye sein.

Zumal auch bedeutende amerikanische Konzerne einen trüben Ausblick geben. Der Post- und Paketdienst FedEx, der von privaten Einschreiben bis hin zu Containerfracht alles verschickt, spiegelt mit seiner Bilanz für gewöhnlich recht genau die konjunkturelle Lage im Land wider. Und FedEx leidet aktuell unter einem schwachen Frachtaufkommen und unter hoher Inflation, die sich vor allem in den Spritpreisen niederschlägt. Schwäche und Inflation – das hat die Wall Street doch schon einmal gehört: Seit Wochen gilt Stagflation an der Börse als eines der größten Probleme.

So ist es zumindest eine kleine Erleichterung, dass seit zwei Tagen die Rohstoffpreise fallen und sich zumindest Energie- und Lebensmittelkosten etwas erholen dürften. Das stärkt den Verbraucher, der allerdings noch lange keinen Grund zum Jubeln hat. Immerhin kostet Öl auch nach den jüngsten Kursverlusten noch 100 Dollar pro Fass und damit 60 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Umso erstaunlicher, dass Anleger vor dem Oster-Wochenende so optimistisch sind. In unsicheren Zeiten werden vor allem im Vorfeld eines langen Wochenendes gerne Gewinne mitgenommen, weil die Zuversicht in den Markt fehlt. Doch die scheint der Osterhase nun gebracht zu haben; die Börse feiert – Frohe Ostern!
© Inside Wall Street
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