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Alt 04-04-2008, 19:09   #825
Starlight
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Ein Blick hinter die Job-Statistik


Die zweite Wochenhälfte wird an der Wall Street von einem Thema dominiert: dem Arbeitsmarkt. Drei Tage, drei Datensätze – und alle dürften wohl eines gemeinsam haben: Sie dürften weitere Anzeichen dafür liefern, dass die USA mitten in einer Rezession sind. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint.

Der wöchentliche Blick auf die Erstanträge auf Arbeitslosenuntertstützung ist dabei noch die Zahl, über die sich der Markt am ehesten hinwegsetzen kann. Der hoch volatile Indikator ist am heutigen Donnerstag deutlich schlechter ausgefallen als erwartet, er geht aber zwischen zwei viel wichtigeren Statistiken unter:

Der so bekannte wie umstrittene Frühindikator, den die Agentur ADP jeweils zwei Tage vor dem offiziellen Arbeitsmarktbericht veröffentlicht, sprach am Mittwoch von 8000 neu geschaffenen Stellen im März. Der Index liegt häufig daneben, meist aber positiver als die tatsächlichen Zahlen. Auch aktuell klingt er optimistischer als die bisherige Schätzung für den Bericht aus Washington: Die werden diesmal – zum Wochenschluss am Freitag – tief rot erwartet.

Der Markt hat sich auf einen Verlust von 40 000 Jobs eingestellt; seit Jahresbeginn sind bereits 85 000 Stellen verloren gegangen. Allein um dem Bevölkerungswachstum gerecht zu werden, hätte die US-Konjunktur im selben Zeitraum eigentlich zwischen 300 000 und 500 000 neue Stellen schaffen sollen.

Als wäre das nicht schlimm genug, weisen Experten auf einige Faktoren hin, die im offiziellen Arbeitsmarktbericht – und in den Frühindikatoren – nicht enthalten sind. So lasse einerseits die Arbeitslosenquote, die bei moderaten 5,0 Prozent liegen soll, diejenigen außer Acht, die sich angesichts der Krise und frustriert von monatelanger, erfolgloser Job-Suche gar nicht mehr um eine neue Stelle bemühen.

Andererseits übersieht der Bericht aus Washington diejenigen, die von einer vollen Stelle auf Teilzeit umstellen mussten. Das kam im Februar US-weit eine halbe Million mal häufiger vor als noch vor einem Jahr. Das entspricht einem Zuwachs von 21 Prozent. Auch selbständige Amerikaner, die etwa als Handwerker keine Aufträge mehr bekommen, tauchen in der Statistik nicht auf.

Gleichzeitig steigt dramatisch die Zahl der Arbeitnehmer, die mehrere Teilzeit-Stellen halten. Die Zahl der saisonal angeheuerten Arbeitskräfte geht hingegen zurück. „All das sind für mich klare Zeichen einer Rezession“, urteilt David Wyss, der Chef-Volkswirt von Standard & Poor’s.

Auch in Washington gibt man sich unterdessen nicht mehr der 5-Prozent-Illusion hin. Diese Zahl steht zwar offiziell für die Abeitslosigkeit in Amerika, doch gibt es interne Studien im Arbeitsministerium, die all die wichtigen Faktoren mit einbeziehen, die von der sogenannten „Headline“-Zahl verschwiegen werden. Keith Hall vom amerikanischen Bundesamt für Arbeitsmarktstatistiken sieht die wahre Arbeitslosigkeit entsprechend bei 8,9 Prozent – deutlich höher als die 8,1 Prozent, die vor einem Jahr gemessen wurden.
© Inside Wall Street
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