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Alt 18-06-2008, 17:55   #858
Starlight
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Mit der Flut kam die Inflation
Mittwoch, 18. Juni 2008

Als würde die US-Konjunktur nicht schon genug unter der Inflation leiden… zum schwachen Dollar und hohen Rohstoffpreisen kommen jetzt Probleme mit dem Wetter. Die Jahrhundertfluten in Iowa haben mehr als eine Million Hektar Maisfelder zerstört, was die Lebensmittelpreise massiv steigen lassen könnte.

Die Maisbauern in Iowa hatten es in den letzten Monaten schon schwer. Ein harter Winter hat die Aussaat verzögert, im Frühjahr spielten die Temperaturen nicht mit. Jetzt aber ist alles aus. Die Fluten, die in den Städten meterhoch durch die Straßen zogen und Häuser bis zum Giebel verschluckten, haben einen der wichtigsten Agrarstaaten der USA bis zu 21 Prozent der Gesamternte gekostet.

Die Mais-Futures sind bereits zum Wochenbeginn auf ein Allzeithoch von 7,40 pro Bushel geklettert. Die Preise werden sich auf dem hohen Niveau halten, denn eine genaue Bestandsaufnahme ist erst in zwei Monaten zu erwartet – und es könnte durchaus noch schlimmer kommen: Wenn der Juli zu heiß wird, so Landwirte in Iowa, müssen weitere Abstriche gemacht werden.

Damit drohen allerdins nicht nur die Preise für Maiskolben auf dem Jahrmarkt zu steigen. Im Gegenteil: Der Verbraucher dürfte Preisanstiege in erster Linie bei Fleisch und Milchprodukten spüren, denn etwa die Hälfte des US-weit produzierten Mais wird an das Vieh verfüttert.

Ein großer Teil der Mais-Ernte fließt hingegen in die Produktion von Ethanol, was bereits seit Jahren für Probleme sorgt und ein politisches Streitthema ist. Denn die teure Produktion von Ethanol, die unter Umweltgesichtspunkten nicht einmal unumsritten ist, wird vom Staat subventioniert und hat dazu geführt, dass Landwirte in hohem Maße von anderen Getreiden auf Mais umgestellt haben, um in den Genuss der Zuschüsse zu kommen. Im Gegenzug sind die Flächen für Weizen, Roggen, Gerste, Mais und Soja zurückgegangen und die Preise für diese Produkte gestiegen.

Abgesehen von Ethanol taucht Mais aber noch in zahlreichen anderen Produkten des US-Alltags auf. Soda-Getränke, also etwa Coca-Cola, Fanta oder Sprite, sind mit Mais-Fructose gesüßt. Tortilla-Chips werden aus Maismehl fritiert und selbst in Zahnpasta ist das Getreide vertreten. Experten wiegeln zwar ab, der Mais-Anteil an solchen Produkten sei minimal und Preissteigerungen dürften gering ausfallen – ganz ausschließen will sie aber niemand. Wenn sie kommen, dann dürften sie bis weit in das Jahr 2009 anhalten.

In Washington sorgt man sich unterdessen um die Exporte. Große Anteile der US-Ernte – sowohl von Mais als auch anderer Getreide – werden ins Ausland verkauft. Nun werden nicht nur die Preise steigen, sondern man steht auch vor infrastrukturellen Problemen: Die Fluten haben zahlreiche Bahnstrecken zerstört und damit die Ausfuhr für Monate erschwert. Das ist umso Besorgnis erregender, als die Landwirtschaft zuletzt für einen großen Teil der US-Exporte zuständig war und damit eine deutlichere Ausweitung des Handelsbilanzdefizits verhindert hat.
© Inside Wall Street
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