Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 12-05-2003, 10:32   #104
arpad
TBB Family
 
Benutzerbild von arpad
 
Registriert seit: Sep 2001
Beiträge: 6.800
Für die 19. Kalenderwoche 2003

Sehr geehrte Damen und Herren,
an der Zinsfront wurde eine Entscheidung vertagt. Sowohl die amerikanische Notenbank FED als auch die Europäische EZB behielten ihre Leitzinsen auf dem bekannten Niveau. Interessant ist aber, was in den kommenden Monaten kommen wird. In den USA wird zunehmend das Thema Deflation gespielt. Der Rückgang der Kernrate auf 1,7 % liefert da ein gutes Argument. Außerdem kann man so das Thema schwacher Dollar gut in den Hintergrund rücken und den Markt mit der Aussicht eines stabilen Zinsniveaus und eines möglichen Zinsschrittes nach unten bei Laune halten.

In eine ähnliche Richtung geht auch die EZB. Nachdem oft kritisiert wurde, daß sie mit ihrer Zinspolitik keine richtige Unterstützung für daß Wachstum lieferte, sondern zu sehr auf Geldstabilität fokussiert war, kommt nun die Aufweichung. Denn man rückt scheinbar von dem Ziel ab, die Inflationsrate in der Spanne von 0 bis 2 % zu halten, sondern peilt nun nur noch "um die 2 %" an. Das würde auch als Begründung taugen, um den von mir avisierten Zinsschritt nach unten zu gehen. Bleibt abzuwarten, wie schnell sich die Währungshüter des Euro dazu entschließen können.

Zu einzelnen Unternehmen:

Die Anleihe von Lamar Advertising mußte einen neuerlichen Rücksetzer hinnehmen. Der Druck kam dabei von den Quartalszahlen, die für eine Enttäuschung sorgten. Denn der drittgrößte amerikanische Anbieter von Werbeträgern blieb hinter den Analystenerwartungen zurück. Das Unternehmen wies netto einen Verlust von 0,32 Dollar je Aktie aus. Ohne Einrechnung von Sondereinflüssen betrug der Verlust zwar nur
0,13 Dollar je Aktie und lag damit unter den Schätzungen eines Minus von 0,16 Dollar je Aktie. Doch manifestiert sich damit ein negativer Trend, der inzwischen das vierte Quartal in Folge anhält.

Was der Börse aber besonders mißfiel, war der verhaltene Ausblick auf das zweite Quartal. Hier erwartet Lamar nur eine schwache Umsatzentwicklung im Vergleich zum Vorjahr. Allenfalls um 2 % soll der Umsatz auf 206 Mio. Dollar ansteigen. Und auch beim EBITDA soll das Ergebnis kaum zulegen können, sondern im Gegenteil womöglich leicht darunter bleiben. Das Problem von Lamar ist weiterhin, daß seine Kunden angesichts der Konsumschwäche eher zurückhaltend sind mit Außenwerbung, die bekanntlich den Kern des Geschäftes von Lamar bildet. Lieber wird punktuell geworben, um die Streuverluste zu begrenzen. Erst wenn sich das allgemeine Konsumklima verbessert, dürfte auch Lamar wieder eine deutliche Geschäftsverbesserung erleben. Doch damit ist frühestens im zweiten Halbjahr zu rechnen.

Ahold stürmt nach vorne. Die von mir empfohlene Anleihe hat inzwischen ein Kursniveau von 86 % erreicht und honoriert damit die Vorgänge sowohl auf Vorstandsebene als auch in der veränderten Geschäftsstrategie. Zu aller erst sorgte die Personalie für Aufsehen, daß der frühere Ikea-Vorstandschef Anders Moberg das Ruder beim gestrauchelten Einzelhandelskonzern übernehmen soll. Er erhält viele Vorschußlorbeeren dafür, daß er die Probleme der letzten Monate, die besonders auf den Bilanzskandal der amerikanischen Tochter Foodservice fokussiert sind, bereinigen wird und den Konzern über eine umfangreiche Restrukturierung wieder auf die richtige Bahn bringt.

Details wurden dabei schon bekannt. So will Ahold seine Investitionen drastisch einschränken und zahlreiche Töchter abstoßen. Damit sollen sowohl die Liquiditätsreserven geschont und wieder aufgebaut als auch der Schuldenberg, der mittlerweile rund das doppelte der Marktkapitalisierung beträgt, abgetragen werden. Kann das Unternehmen hier den positiven Fluß von Meldungen aufrechterhalten, steht kurz- bis mittelfristig bei der Anleihe wieder die Erreichung zu pari ins Haus, was einer der beeindruckendsten Turnarounds der letzten Jahre wäre.

Bei ProSieben reißen die Diskussionen um den Aufkäufer Haim Saban nicht ab. Der vorletzte Akt war dabei, daß Saban den Antrag stellte, ihn von der Verpflichtung nach deutschem Recht zu befreien, den Minderheitsaktionären ein Übernahmeangebot für ihre Aktien zu offerieren. Das würde dem Amerikaner rund 400 bis 500 Mio. Euro einsparen. Doch dagegen laufen bereits einige Aktionäre wie die K Capital Partners Sturm. Dabei konzentriert man sich vor allem auf den Antragsgrund, daß ProSieben in einer Restrukturierung sei, was die Ausnahme rechtfertigen würde. Denn schließlich machte das Medienhaus letztes Jahr Gewinn.

Kurz vor Redaktionsschluß erreichte mich in diesem Zusammenhang eine Vorabmeldung aus dem neusten Manager Magazin, das ohne Quellenangabe berichtet, daß Saban sogar darüber nachdenke, den Kauf abzublasen. Vermutet wird dabei, daß er keine Partner findet, die das Geschäft mitfinanzieren. Der Aktie bekommen solche Spekulationen überhaupt nicht und auch die Anleihen treten derzeit auf der Stelle, was angesichts so vieler Unsicherheiten kein Wunder ist. Hier muß schlichtweg erst einmal abgewartet werden.


FM Research
__________________
Schöne Grüße
arpad
arpad ist offline   Mit Zitat antworten