Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 29-04-2003, 16:25   #98
arpad
TBB Family
 
Benutzerbild von arpad
 
Registriert seit: Sep 2001
Beiträge: 6.800
Für die 17. Kalenderwoche 2003

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Argentinier wählen am Sonntag die neue (alte) Regierung. Die Bevölkerung hat dabei die "Wahl der Qual", denn keiner der Kandidaten unterscheidet sich wesentlich von der alten, hochgradig korrupten Regierungsgarde. Erschreckend ist insbesondere, daß Carlos Menem zum Favoriten unter den "Spitzenkandidaten" zählt. Ausgerechnet der Mann, der Argentinien von 1989 bis 1999 in die Krise geführt hat, in der das Land heute steckt. Dennoch reagieren die Anleihen in den letzten Tagen ausgesprochen positiv, denn:

Der Anleihenmarkt spekuliert auf eine Beschleunigung der Verhandlungen. Insbesondere der "Spitzenkandidat" Néstor Kirchner hatte sich im Vorfeld dafür stark gemacht, die laufende Restrukturierung der argentinischen Schulden voranzutreiben. Kirchner setzt auf eine Verlängerung der Laufzeiten und eine Reduktion der Zinszahlungen. Dementsprechend stark ist auch das Interesse der spekulativen Investoren, die in den letzten Tagen die Anleihen nach oben kauften und bei einem positiven Ausgang der Wahlen auch weiter kaufen werden. Insofern ist Argentinien wieder ein spekulativer Kauf, wenngleich ein Engagement selbstverständlich immer noch hohe Risiken aufweist. Ich hatte Ihnen bereits im letzten Jahr zum Einstieg geraten und halte an diesen Anleihen auch weiter fest.

Brasilien ist weiterhin ebenso gefragt wie Argentinien. Der Optimismus des Anleihenmarktes bekam einen neuen Schub, nachdem die Zentralbank den Leitzins unverändert bei 26,5% belassen hat. Damit wird der Leitzins nun schon seit zwei Monaten stabil gehalten. Obendrein signalisierte die Zentralbank, daß sie nicht bereit ist, die Zinsen erneut zu erhöhen, falls die Preisteuerung sich nicht deutlich verschlechtern sollte. Die Entwicklung der von mir empfohlenen Anleihen ist nach wie vor sehr positiv. Die Euro Anleihe weist inzwischen eine Performance von 17,38% bzw. eine theoretische Jahresrendite von 49,65% auf. Der Dollar C-Bond liegt mittlerweile 34,13% vorne, was einer theoretischen Jahresrendite von 97,51% entspricht.

John Snow signalisiert Unterstützung für Ecuador. Das Andenland arbeitet seit dem Schuldenausfall im Jahr 1999 am Wiederaufbau der Wirtschaft und der öffentlichen Haushalte. Dabei ist die jüngst geäußerte Unterstützung des amerikanischen Finanzministers eminent wichtig, um auch in Zukunft finanzielle Unterstützung aus dem Ausland zu erhalten. Das Abstimmungsverhalten der Amerikaner beeinflußt regelmäßig die Entscheidungen des IWF und der Weltbank.

Ecuador ist sehr stark vom Erfolg seiner Ölindustrie abhängig. Die ist wiederum erheblich von den auf dem Weltmarkt gezahlten Rohölpreisen abhängig. Der Preistrend ist bekanntlich nach dem Irakkrieg tendenziell negativ, bewegt sich aber nach wie vor in der Nähe der Höchststände der letzten Dekade. Mit einem rapiden Einbruch der Rohölpreise wird allgemein nicht gerechnet, sondern vielmehr mit einem graduellen Rückgang.

Die Inflation ist weiterhin auf dem Rückzug. Seit dem 2. Quartal 2002 sinkt die Preisteuerung deutlich und hat mittlerweile eine Rate von 9,4% für die letzten 12 Monate erreicht. Das liegt zwar bei weitem über dem Niveau westlicher Länder, entspricht aber der Planung und den Möglichkeiten der Regierung. Ziel für Ende 2003 ist eine Inflationsrate von 6%.

Ecuadors Achillesferse ist die Dollarisation. Seit dem 9. September 2000 ist der US-Dollar das offizielle Zahlungsmittel in Ecuador, was für das Land ein großer Nachteil ist, da die umliegenden Währungen im Verhältnis zum Dollar seitdem stark abgewertet wurden und damit die Wettbewerbsfähigkeit der ecuadorianischen Exportindustrie minderten. Ziel des Wiederaufbaus muß daher in jedem Fall auch die Wiedereinführung einer eigenen Währung sein.

Die Spekulation auf Ecuador läuft aber bereits heute und nicht in der Zukunft. Wer sich in Staatsanleihen mit Ratings am unteren Ende engagieren will, dem empfehle ich zwei Dollar Anleihen aus Ecuador:

1) Mit Fälligkeit zum 15. November 2012 bietet die Anleihe (WKN 526865 / ISIN XS0115748401) mit einem Nennwert von 1.000 Dollar einen festen Kupon von 12%, was bei dem aktuellen Briefkurs von 79,90% eine aktuelle Rendite von 15,02% und eine effektive Rendite bis Endfälligkeit von 16,20% ergibt. Das Volumen der Anleihe beträgt 1,25 Mrd. Dollar. Die Anleihe kann bis zur Fälligkeit jedes Jahr an zwei Terminen (15. Mai und 15. November) mit einer Frist von 45 Tagen von der Emittentin zu 100% gekündigt werden. Das Rating der Anleihe liegt bei Caa2 / CCC+. Letzteres mit positivem Ausblick vom 5. Februar 2003. Die Anleihen werden sehr illiquide an den Börsen Berlin und Luxemburg gehandelt. Erfolgreicher dürfte eine Anfrage an die Bank Austria und die Caboto Gruppo Intesa ausfallen.

2) Als Alternative bietet sich sonst nur noch die (noch) risikoreichere Anleihe (WKN 526864 / ISIN XS0115743519) mit Fälligkeit zum 15. August 2030 an. Die Step Anleihe hat aktuell einen Kupon von 6%, der sich bis 2006 jährlich um 1% auf letztlich 9% erhöht und dann im letzten Jahr der Fälligkeit auf 10% steigt. Daraus ergibt sich beim aktuellen Briefkurs von 58,27% eine effektive Rendite bis Endfälligkeit von 15,75%. Der Nennwert liegt bei 1.000 Dollar und die Anleihe hat ein Volumen von 2,5 Mrd. Dollar. Auch diese Anleihe kann jedes Jahr an zwei Terminen (15. Februar und 15. August) mit einer Frist von 45 Tagen von der Emittentin zu 100% gekündigt werden. Das Rating und die Handelsmöglichkeiten sind ebenso wie bei der obigen Anleihe.

Die Jamaika Anleihe litt nach der Warnung. Moody's senkte am 17. April den Ausblick für die Anleihe auf negativ. Damit droht das Rating auf "B1" zu fallen, was allerdings dem Niveau entspricht, das Standard & Poor's den Anleihen bereits seit dem 2. Mai 2001 gibt. Viel bedenklicher ist, daß der Versuch der Regierung, Euro-Bonds zu emittieren, fehlgeschlagen ist, da sich keine Interessenten fanden, was für die Refinanzierung des Haushaltes außerordentlich wichtig gewesen wäre. Die Regierung hat nun eine Kompensation durch Steuererhöhungen eingeleitet. Ich setze damit die Jamaika Anleihe auf die Watchlist und warne ausdrücklich davor, daß die Anleihe verkauft werden muß, falls sich die aktuell diskutierten Risiken zu realisieren beginnen. Wer risikoavers ist, muß allerdings bereits heute aussteigen.

Zur Vollständigkeit: Die Anleihe von BWAY wurde wie angekündigt vorzeitig zum 21. April gekündigt und schied damit aus. Die Anleihe erzielte eine Performance von 5,27% bzw. eine theoretische Jahresrendite von 13,65%.


FM Research
__________________
Schöne Grüße
arpad
arpad ist offline   Mit Zitat antworten