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Alt 27-09-2002, 11:51   #23
arpad
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Für Freitag, den 27. September 2002

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Schließung des Neuen Marktes ist kurzsichtig und falsch! Die Deutsche Börse AG hat sich entschlossen, das Wachstumssegment bis spätestens Ende kommenden Jahres zu schließen. Die Entscheidung stieß in der Wirtschaftspresse und bei Fachleuten allgemein auf Zustimmung. Schlagendes Argument war, daß das Vertrauen der Anleger nicht wiederhergestellt werden könne und daher ein Schlußstrich gezogen werden müsse. Ich halte diese Denkweise für falsch, denn es wirft doch die Frage auf:

Wird es in Deutschland in Zukunft kein Wachstum mehr geben? Manche mögen nach dem Wahlausgang spötteln, daß die Frage nun mit "Ja" beantwortet werden müsse, aber ernsthaft betrachtet, wird es auch unter Rot-Grün Unternehmer geben, die neue Ideen umsetzen wollen und dafür Risikokapital benötigen. Das ist ein natürlicher Prozeß, den man nicht unterdrücken kann, wie z.B. bei Pflanzen, die doch regelmäßig durch den Asphalt brechen, auch wenn man sich noch so sehr Mühe gibt es zu verhindern.

Ohne eine entsprechende Plattform in der Öffentlichkeit bleiben Start-Ups jedoch unbeachtet. Der Fehler am Neuen Markt war schließlich nicht, daß junge Unternehmen sich der Öffentlichkeit vorstellen konnten und Investoren suchen durften, sondern daß die Investoren ein mangelndes Risikobewußtsein gezeigt haben. Das hört heute kaum jemand gerne, und die Presse stellt vor allem die Fehler und Betrügereien von Einzelunternehmen als Gesamtproblem des Börsensegmentes dar, aber es gehören immer zwei dazu: In diesem Fall ein Verkäufer und ein Käufer.

Die Wahrheit ist doch, daß die Kritiker der High-Tech Blase am Neuen Markt seinerzeit ausgelacht und abgetan wurden. Keiner wollte im Kaufrausch etwas über Überbewertungen hören. Spätestens, als Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen begannen, sich als Aktienexperten zu outen, war auch dem letzten klar, daß eine vernünftige Analyse der Chancen und Risiken nicht mehr vorgenommen wird.

Richtig ist, daß die Profis am Kapitalmarkt die Unerfahrenen und Frischlinge praktisch ausgenommen haben. Das ist ethisch verwerflich, wenngleich rechtlich völlig legal. Und, egal wie die Deutsche Börse ihre neuen Segmente auch nennen wird, die Profis werden auch in Zukunft versuchen, die Fehler der Anfänger auszunutzen. Deswegen ist eine Schließung des Neuen Marktes völlig sinnlos und hat langfristig den negativen Effekt, daß junge und innovative Deutsche, wie vor der Zeit des Neuen Marktes, ihre Unternehmen nicht hierzulande gründen werden, sondern in Amerika, um an der Nasdaq um Risikokapital zu werben. Armes Deutschland!

Zum Tagesgeschäft:

Nokia's Präsentation des neuen UMTS-"Handys" war sehr durchwachsen. In erster Linie entstand der Eindruck, daß das Unternehmen die komplexe Technik noch nicht 100%ig im Griff hat, obwohl bereits so viele Jahre in die Entwicklung geflossen sind. Konkret kommt es z.B. zu Gesprächsunterbrechungen, wenn der Wirkungsgrad eines UMTS-Netzes endet und das "Handy" sich automatisch in ein normales GSM-Netz einloggen muß. Aber auch das höhere Gewicht, die geringere Batteriezeit, die externe Antenne und viele andere unschöne Details versetzten den Beobachter wieder an den Anfang der 90er Jahre zurück.

Die Analysten störte insbesondere der niedrigere Preis. Die Geräte sollen 250 bis 750 Euro kosten, je nach Subventionsgrad des Mobilfunkanbieters. Das liegt auf einem vergleichbaren Niveau mit den aktuellen Kamerahandys, deren Technik jedoch in der Produktion deutlich weniger kostet. Last but not least ist sich Nokia immer noch etwas unsicher, wann die Serienfertigung denn nun anlaufen wird. Im schlechtesten Fall können die Geräte in Masse erst im Jahr 2004 produziert werden!

Hewlett-Packard sackt weiter ab! Mit der Begründung, daß die Nachfrage sich erneut deutlich schlechter entwickelt als ursprünglich erwartet, wird man die Zahl der fusionsbedingten Entlassungen von 15.000 Mitarbeitern um 1.800 auf 16.800 erhöhen. Das Management kündigte recht schwammig an, daß die Nachfrageschwäche noch weitere sechs bis 18 Monate anhalten wird.

Die Bilanz der Fusion und Integration von Compaq ist bisher sehr gemischt. Zum Ende des 3. Fiskalquartals, das am 31. Juli endete, legte HP einen Verlust nach Steuern von 2,03 Mrd. Dollar vor, wobei ein Großteil davon auf fusionsbedingte Restrukturierungskosten zurückzuführen sind. Die Zahl der Entlassungen erreichte zu diesem Zeitpunkt 4.740. Bis zum 31. Oktober, dem Ende des Geschäftsjahres, will HP die Zahl der durchgeführten Entlassungen auf 10.000 anheben.

Verizon Communications entledigt sich der Beteiligung an Telecom New Zealand. Die Tochter Bell Atlantic, die die Beteiligung in Höhe von 21,5% hält, wird die Beteiligungsgröße auf rund 1% zurückführen. In einem ersten Schritt werden dazu 370 Mio. Aktien bzw. 19,7% an Merrill Lynch veräußert. Merrill Lynch kauft auf eigene Rechnung und für Kunden. Ein Preis wurde bisher noch nicht genannt.


Quelle:FM Research
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arpad
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