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Alt 24-11-2003, 08:40   #2
nokostolany
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Akte Amerika:


Chronik der Skandale


++ Dezember 2001 ++ Der Energiekonzern Enron ist bankrott. Das Management hatte
Verluste in Milliardenhöhe verschleiert. Anleger verlieren 68 Milliarden Dollar,
5600 Angestellte ihren Job und einen Großteil ihrer Altersvorsorge.


++ Dezember 2001 ++ Merrill Lynch trennt sich von Staranalyst Henry Blodget.
Der "Elvis der Wall Street" empfahl marode Internet-Firmen zum Kauf. Intern
bezeichnet er die Aktien als "Peace of Shit".


++ Januar 2002 ++ Der Glasfaserhersteller Global Crossing meldet Konkurs an.
Der Vorstand hatte durch Scheingeschäfte systematisch die Bilanzen frisiert.



++ März 2002 ++ Gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Anderson wird
Anklage wegen Justizbehinderung erhoben. Das Unternehmen hatte manipulierte
Bilanzen von Skandalkonzernen wie Enron und GlobalCrossing abgesegnet. Anderson
war zugleich Kunde und Prüfer der Unternehmen.


++ März 2002 ++ Die Börsenaufsicht ermittelt gegen Qwest. Der Telefondienstleister
hat seine Umsätze durch Scheingeschäfte um mehr als eine Milliarde Dollar aufgebläht.
Zeitgleich verkauften Top-Manager im großen Stil Qwest-Aktien.


++ Juni 2002 ++ Dennis Kozlowski, Chef des Mischkonzerns Tyco, muss zurücktreten.
Mit Finanzvorstand Mark Swartz soll er die Aktionäre um 600 Millionen Dollar
erleichtert haben.


++ Juni 2002 ++ Der Internetdienstleister AOL gesteht, seine Umsätze um 49 Millionen
Dollar aufgebläht zu haben. Außerdem wird bekannt, dass Konzerngründer Steve
Case wenige Monate vor einer Gewinnwarnung AOL-Aktien verkauft hat.


++ Juli 2002 ++ Der Telekomdienstleister Adelphia meldet Konkurs an. Konzernchef
John Rigas und seine beiden Söhne werden verhaftet. Sie sollen 2,3 Milliarden
Dollar Schulden verschleiert und Firmengelder veruntreut haben.


++ Juli 2002 ++ Worldcom, der zweitgrößte Telekomkonzern der Welt, ist pleite.
Ex-Finanzvorstand Scott Sullivan wird festgenommen. Top-Manager von Worldcom
hatten über Jahre die Bilanzen manipuliert und rund elf Milliarden Dollar Schulden
verschleiert.


++ September 2002 ++ Jack Welchs Ehefrau enthüllt vor einem Scheidungsgericht
die Pensionsansprüche des ehemligen GE-Chefs. Er erhält unter anderem 86000
Dollar Beratungshonorar pro Monat, ein Luxus-Appartement und Gratisspeisung
in einem Edelrestaurant.


++ Dezember 2002 ++ Wegen irreführender Aktientipps müssen die zehn größten
Wall-Street-Banken in einem außergerichtlichen Vergleich 1,4 Milliarden Dollar
Strafe zahlen.


++ Juli 2003 ++ Der ehemalige Chef des Biotech-Unternehmens Imclone, Sam Waksal,
wird wegen Insiderhandels zu sieben Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Kurz bevor die Gesundheitsbehörde einem Krebsmittel von Imclone die Zulassung
verweigert hatte, riet Waksal Verwandten, Aktien der Firma zu verkaufen.


++ September 2003 ++ Der Chef der New Yorker Börse, Richard Grasso, lässt sich
seine Pensionsansprüche in bar auszahlen - knapp 140 Millionen Dollar.


++ September 2003 ++ Staatsanwalt Eliot Spitzer enthüllt illegale Handelspraktiken
bei Fondsgesellschaften.


++ Oktober 2003 ++ Der Prozess gegen Frank Quattrone platzt, weil sich die Jury
nicht auf ein Urteil einigen kann. Der Investmentbanker hat nach Überzeugung
der Staatsanwaltschaft Mitarbeiter aufgefordert, belastende E-Mails zu löschen.


++ November 2003 ++ Das FBI nimmt 47 Devisenhändler fest. Sie werden wegen
Verschwörung, Betrug, Geldwäscherei und Verstoßes gegen die Wertpapiergesetze
angeklagt.


Betrugsrisiko bleibt


Die Finanzwelt kommt nicht zur Ruhe. Nach den Betrugsaffärenum Worldcom und
Enron sorgen jetzt kriminelle Devisenhändler für Schlagzeilen. EURO sprach mit
Wolfgang Gerke,Professor für Börsenwesen an der Uni Erlangen-Nürnberg über Kontrolle,
Moral und die Folgen für Kleinanleger.


EURO: Wie schlimm ist der Schaden für den Wirtschaftsstandort USA?


GERKE: Der direkte finanzielle Schaden ist gar nicht mal so dramatisch. Er ist
zumindest wesentlich geringer als bei früheren Betrugsfällen wie Worldcom und
Enron. Viel schwerer wiegt der Vertrauensverlust: Es zeigt sich jetzt, dass
sich nicht nur Spitzenmanager bereichert haben, sondern auch Marktteilnehmer,
die in der Hierarchie relativ weit unten stehen.


EURO: Warum kommen so viele Skandalnachrichten aus Amerika?


GERKE: Wir dürfen zunächst nicht vergessen, dass auch Europa keine weiße Weste
hat, wie die Ereignisse am Neuen Markt in Deutschland gezeigt haben. Die USA
sind der größte Finanzmarkt der Welt, deshalb gibt es dort entsprechend mehr
potenzielle schwarze Schafe als in anderen Ländern. Außerdem ist die Fahndung
nach Wirtschaftskriminellen in den USA in letzter Zeit erheblich verschärft
worden.


EURO: Gibt es in den USA auch deshalb mehr Skandalfälle, weil die Behörden intensiver
suchen?


GERKE: Ich denke, die Kontrollen in den USA sind härter als in Europa, kann
aber nicht beurteilen, wie viele schwarze Schafe sich im europäischen Kapitalmarkt
tummeln könnten. Es ist grundsätzlich schwer, so etwas herauszufinden, wenn
nicht mit aller Rigidität danach geforscht wird.


EURO: Fehlt den Finanzmärkten also generell der moralische Anstand?


GERKE: Wenn die Chance, nicht entdeckt zu werden, und die Versuchung groß sind,
bleibt die Moral leicht auf der Strecke. Wenn harte Strafen drohen, ist es einfacher,
sich moralisch zu verhalten. Das ist in Amerika nicht anders als in Europa.


EURO: Welche Lehren sollte der Kleinanleger aus der Skandalserie ziehen?


GERKE: Er muss sich vor Augen führen, dass er neben dem ökonomischen Risiko
in den Märkten immer auch ein Betrugsrisiko eingeht. Ein Aktionär sollte sich
zum Beispiel auch die Entscheidungsträger eines Unternehmens sehr genau anschauen.
Vor Enttäuschungen wird er allerdings nie sicher sein.


EURO: Werden die Skandale das Verhalten der Anleger ändern?


GERKE: Das Verhalten hat sich bereits geändert. Die Leute sind wesentlich sensibler
geworden. Das zeigt sich in der Zurückhaltung vieler Anleger. Jeder neue Skandal,
egal, in welchem Land er aufgedeckt wird, frischt die Erinnerungen an alte Enttäuschungen
wieder auf.




Quelle: News (c) finanzen.net
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gruß
Nok




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