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Alt 25-03-2012, 12:23   #10
Tester32
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Zitat von Benjamin Beitrag anzeigen
Der Weg der Vereinfachung in größerem Detail - unter der Annahme, dass er konstruktiv gestaltet werden wird:

• Für die Arbeitslosen wird ein Weg gefunden, um sich selber über Wasser zu halten, vor allem sich selber zu ernähren. Es gibt dafür kein Geld, keine Pensionen, keine Fonds – Geld ist knapp. Aber der US-Bundesstaat, die US-Bundesregierungen und einige entmachtete Familien haben große Landflächen. Etwa 1/5 der Landfläche der ganzen USA. Beim Zusammenbruch der Weltwirtschaft wurden viele Ländereien von den alten kapitalintensiven Strukturen aufgegeben. Diese Ländereien werden unter den vielen Arbeitslosen aufgeteilt. Die Flächen werden eingeteilt und bekommen eine eigene Verwaltungsstruktur. Arbeitslose warden mit Schulungen, einfachen materiellen Anfangsausrüstungen ausgerüstet unter der Bedingung, dass sie das Land produktiv bebauen und dann nicht verkaufen können sondern weitervererben müssen zusammen mit den daraus resultierenden Verpflichtungen gegenüber der lokalen Gemeinde. Hoheitliche Zahlungen (Lohn für Angestelltenarbeit, Pensionen, Gesundheitskosten etc.) warden drastisch gekürzt, mindestens halbiert. All diese Leute sind nun verpflichtet, sich primär selber mit Landwirtschaft und dem sich daraus ergebenden Handel über Wasser zu halten, von hoheitlichen Strukturen gibt es nur kleine Beträge.
• Parallel dazu warden die Finanzstrukturen im Gebiet der USA drastisch vereinfacht und verkleinert.
• Die “Transformation” der Gesellschaft erfaßt alle Aspekte: Eine radikale Veränderung der ganzen Gesellschaft mit ihren zentralen und bundesstaatlichen Strukturen. Damit sinken die Transactionskosten der hoheitlichen Strukturen drastisch.
• In den Provinzen und den Strukturen darüber warden z.T. die Strukturen der US-Armee mit denen des zivilen Lebens vereinigt.
• Große Städte mit ihren Gütern werden zu Angriffszielen von Verlierern dieses Prozesses. Sie errichten Barrikaden u. Schutzwälle um sich herum.
• Es gibt kaum noch Bildungseinrichtungen, die Leute haben andere Sorgen und haben schlicht nicht die Zeit für Bildung; sie müssen sich das tägliche Essen erarbeiten. Literatur gibt es nur noch in Form existierender Bücher. Universitäten werden geschlossen. Intellektuell landen wir bei einer „Dark Age” – einer geistig eher leeren Zeit.
Ich habe dieses Szenario in der ehemaligen Sowjetunion bereits einmal live durchgelebt. Daher ein paar Ergänzungen aus meiner Erfahrung:

1. Man muss nicht komplett die riesigen US-Ländereien unter den Arbeitslosen verteilen, es reicht durchaus, stadtnahe Gebiete für Schrebergärten auszuweisen. Wobei gute Beziehungen zur auf dem Lande lebenden Verwandtschaft wieder wichtiger werden. Wenn die eigenen Eltern oder Großeltern , Tanten usw. noch einen kleinen Bauernhof besitzen, wird man ihnen beim Bestellen helfen (Zeit hat man als Arbeitsloser ja eh) und dafür von der Ernte was zum Essen bekommen. Obst, Gemüse, Kartoffeln, Eier, Eingelegtes, ja sogar Fleischkonserven! In Deutschland würde sowas m.E. nicht funktionieren. Es stehen an großen Städten nicht genug landwirtschaftlich nutzbare Flächen da, die sich frei verteilen ließen.

2. Barrikaden und Schutzwälle wird es nicht geben, genauso wie rumziehenden Banden und große Massen von Verlierern. Von der Mehrheit auf der Straße ist ja nichts zu holen und die Geschäfte sind in den USA bereits jetzt bewacht. So machen Angriffe nicht viel Sinn.

3. US-Armee wird nicht mit der Gesellshaft verschmelzen, sondern auch zerfallen und dahinvegetieren. Ohne Geld für Treibstoff kann ein Kampfjet-Pilot nicht genug Übung bekommen, für neue Technik wird das Geld fehlen, Gehaltssteigerungen werden der Inflation nicht nachkommen und die Motivation für den Wehrdienst senken. Kurz: eine Gesellschaft mit Problemen kann sich eine gesunde, einsatzbereite und schlagkräftige Armee nicht leisten.

4. Ja, Bildung, Medizin, Forschung, Theater, Kino etc. werden vor die Hunde gehen. Das russische Wissenschaftsministerium hat vor kurzem einen Bericht über den aktuellen Zustand der Medizinforschungen in Russland veröffentlicht und ist darin zum Schluss gekommen, dass solche nur noch als Hobby nach der Arbeit existieren. Literatur und Malerei sind davon übrigens sogar noch weniger betroffen, weil sie auch in Zeiten des Wohlstandes nicht genug abwerfen, um davon hauptberuflich leben zu können. Viele Autoren und Maler gehen diesen Beschäftigungen in ihrer Freizeit nach, z.B. der mittlerweile auch in Deutschland ziemlich bekannte Boris Akunin mit seiner „Fandorin ermittelt“-Reihe hat seine ersten zwei Romane zur eigenen Entspannung geschrieben.

Das Positive: die modernen Dark Age Zeiten müssen nicht mehr Jahrhunderte dauern. Ich glaube, dass neue Technologien prinzipiell neue Ressourcen erschließen und auch alte Ressourcen-Quellen wieder wirtschaftlich machen können. Die Russen gewinnen das Öl aus Quellen, die mit alten Technologien nicht mehr gewinnbringend zugängig waren, die Kanadier gewinnen Öl aus Sandschichten usw. Und obwohl die Russen viele Probleme noch nicht gelöst haben, leben sie heute was ihren Wohlstand betrifft, wesentlich besser, als in den sowjetischen Zeiten.
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