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Alt 18-12-2007, 20:15   #3
simplify
letzter welterklärer
 
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Registriert seit: Jul 2002
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jetzt war heiko thieme in wien unterwegs

Wir sehen bald neue Hochs...“

von Robert Gillinger
...aber dann kracht's: Börseguru Heiko Thieme gab Wien die Ehre: Auf einer Business-Circle-Veranstaltung ging es um den Börseausblick 2008. Dem WirtschaftsBlatt stand er Rede und Antwort.


WirtschaftsBlatt: Wie beurteilen Sie die Aussichten der Börsen?
Thieme: Wir sind in einer Phase, in der der Aufwärtstrend reif ist. Das muss man sich wie ein fünfgängiges Menü vorstellen. Aperitiv, Suppe und Hauptgang liegen hinter uns. Jetzt gibt es noch Käse und Kaffee nebst Kuchen. Wir werden also 2008 neue Höchststände haben und damit das Ende der Hausse erleben. Den Dow Jones sehe ich bei 15.000 bis 16.000 Punkten, den DAX bei 9000, selbst 10.000 schliesse ich nicht aus.

Wie schlimm wird es werden?
Den Rückgang sehe ich höchstens bei 30 Prozent, Einbrüche wie nach den anderen Superhaussen sehe ich nicht, da die Bewertungsbasis heute nicht so hoch ist.

Sie sind bezüglich der mittelfristigen Kursentwicklung an den Börsen skeptisch, erwarten vorher aber noch neue Höchststände – warum?
Aus der Historie heraus. Das dritte Jahr eines US-Präsidentschaftszyklus ist traditionell das beste, das vierte, auf das wir gerade zusteuern, noch positiv. Das erste Jahr nach einer Wahl ist im Schnitt das schlechteste Börsejahr, das wäre dann 2009. Ich rate jedem, geniesse noch die Höchststände und verkaufe in die Stärke des Marktes hinein, in der letzten Phase einer Hausse gibt es oft erratische Ausschläge.

Wo würden Sie dieses kommende Hoch beim österreichi-schen Leitindex ATX sehen?
Der kann durchaus auf 5000, vielleicht sogar 5500 Punkte steigen.

Bankaktien werden grossteils kritisch gesehen. Wie ist das bei Ihnen?
Mein Rat, kauft jede Bank, etwa die Citigroup. Der Einstieg von Abu Dhabi war ein wichtiges Zeichen – die Citigroup geht nicht pleite. Und je weiter sie sich von 30 Dollar entfernt, desto attraktiver ist sie auf Sicht von zwei Jahren. Das gleiche gilt für eine Deutsche Bank unter 85 € oder eine Commerzbank unter 27 €.

Welche Asset Allocation würden Sie Österreichern anraten?
Sie sollten in Europa ihren Schwerpunkt setzen und etwa 40 Prozent des Depots hier veranlagen. Die USA würde ich mit 25 und Japan mit 15 Prozent gewichten. Zehn Prozent in Emerging Markets investieren, fünf auf Edelmetalle setzen und den Rest für Spezialsituationen vorsehen. Prioritätsmässig muss man in der eigenen Region am meisten anlegen.

An welches Investment glauben Sie besonders?
Den US-Dollar. Für mich zählen kaufkraftbereinigte Wechselkurse. Und da ist der Dollar rund 15 Prozent unterbewertet.

Viele fürchten aber, dass die Chinesen anfangen, Dollar zu verkaufen...
Warum sollte der chinesische Finanzminister Dollar verkaufen? Dann fällt er ja. Der Chinese ist viel schlauer, kauft etwa 10 Prozent an Blackstone. Die Chinesen haben 1,5 Billionen Dollar an Währungsreserven, vor allem in US-Treasuries. Die kann er mit dem Faktor vier belehnen woraus 7,5 Billionen Dollar werden könnten – damit gehört ihnen die Welt.

China und seine beinahe stetig steigenden Börsen sind derzeit in aller Munde. Wie beurteilen Sie den Markt?
In China wird trotz einer sinnlosen Überbewertung weiter auf der Autobahn gefahren, ein KGV wird dort gar nicht mehr gekannt. Das ist wie früher in Japan. Dort ist der Leitindex Nikkei dann aber auch von 38.000 auf 6000 Punkte gekracht. China läuft, bis die letzte Goldmedaille bei Olympia vergeben ist. Dann heisst es aussteigen und 1,5 Jahr später wieder rein. Dann ist Weltausstellung.

Ihr Rat an Anleger?
Wer in der aktuellen Phase 20 Prozent Gewinn in einer Woche macht und dann nicht zumindest teilweise mitnimmt, den kann man nicht ganz ernst nehmen. Ich arbeite derzeit wegen der hohen Volatilität nicht mit Stopp-Kursen, verkaufe, wenn ich 10 bis 20 Prozent Gewinn habe, in den Markt hinein.

Wie beurteilen Sie Öl?
Öl haben wir genug, ich sehe den Preis eher bei 50 als bei 100 Dollar. Ich sehe keinen Krieg USA-Iran.

„Sie sind derzeit kein wirklicher Freund von Soft Commodities…
Ich glaube nicht an die stetig steigende Weltbevölkerung, die immer mehr Nahrungsmittel verbraucht. Ich glaube zwar auch, dass wir zehn Milliarden Menschen sehen werden, doch diese Zahl wird dann wieder auf sechs bis sieben Milliarden zurückgehen. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er, sobald er einen gewissen Wohlstand errichtet hat, sich nicht mehr entsprechend fortpflanzt. Da braucht man sich nur die Geburtsstatistiken der westlichen Welt ansehen.

Was sind Problemfelder an der Börse…
Derivate sind und bleiben das Problem. Die Marktkapitalisierung an den Börsen liegt weltweit bei etwa 50 Billionen US-Dollar, auf den Derivativmarkt entfällt das Zehnfache. Wenn Josef Ackermann (CEO der Deutschen Bank, Anm.) sagt, wir haben kein Problem, dann glaube ich das nicht. Kein international ausgerichtetes Institut kennt sein Derivativ-Exposure. Kolportierte 250 Milliarden an Subprime- und ähnlichen Verlusten dürften in Summe etwas zu niedrig sein, 1000 aber zu hoch. Hier sitzen Hedge Fonds auf
einem Feuerstuhl.


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