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Alt 07-02-2003, 15:29   #69
arpad
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Für die 06. Kalenderwoche 2003

Sehr geehrte Damen und Herren,
je länger die Energiepreise auf Rekordhoch bleiben, desto länger bleiben die Zinsen niedrig. Die klassische Zwickmühle, steigende Energiepreise bedingen importierte Inflation und drücken gleichzeitig das Wachstum, ist heutzutage nicht gegeben. Die Inflationsentwicklung sowohl in den USA als auch in Europa liegt weit unter jeglicher bedenklicher Größe. Selbstverständlich muß man im Hinterkopf behalten, daß steigende Energiepreise rund sechs bis neun Monate brauchen, um sich mit ihrer schädlichen Wirkung durch die gesamte Volkswirtschaft zu arbeiten, aber dessen sind sich die Zentralbanken mehr als bewußt.

Das Rezessionsrisiko ist größer als das Inflationsrisiko. Nicht die importierte Inflation sondern die schwache Konjunktur steht im Vordergrund, denn die Gefahr eines weiteren Abrutschens Europas ist der gewichtigere Faktor. Die Europäische Zentralbank wird daher vor einem weiteren Zinsschritt nach unten nicht zurückschrecken, sondern der Bank of England folgen, die gestern den Leitzins für das Pfund um 25 Basispunkte von 4,00% auf 3,75% senkte.

Zwei Quartalsergebnisse möchte ich Ihnen kommentieren:

Das 1. Quartal 2003 schloß BWAY zufriedenstellend ab. Mit einem Umsatz von 128,89 Mio. Dollar wuchs das Unternehmen, das Metall- und Glascontainer für diverse Inhalte produziert, im Vergleich zum Vorjahresquartal um knapp 10%. Enttäuschend fiel jedoch der operative Cash-flow mit einem Minus von -2,18 Mio. Dollar aus, gegenüber -1,73 Mio. Dollar im Vorjahresquartal. Der Cash-flow der letzten 12 Monate lag insgesamt allerdings bei 45,62 Mio. Dollar und war somit vollends ausreichend und wurde unter anderem genutzt, um den Schuldenstand innerhalb der letzten 12 Monate von 119,9 Mio. Dollar auf 101,4 Mio. Dollar zu reduzieren. Dennoch litt der Kurs der Anleihen in den letzten Wochen etwas, was jedoch nicht am Quartalsbericht lag.

Die Anleihe von BWAY wird momentan durch den anstehenden Call-Termin am 15. April ausgebremst. Der Emittent hat das Recht, die Anleihen ab diesem Termin jederzeit vorzeitig zum Preis von 103,417% zu kündigen und zurückzukaufen. Angesichts der positiven Geschäftsentwicklung möchte ich das keinesfalls für die von mir empfohlene Anleihe ausschließen, zumal der Kupon mit 10,25% p.a. im Zweifel billiger zu refinanzieren wäre. Wird die Anleihe zum nächsten Termin gekündigt, reduziert sich die zu erreichende effektive Rendite bis Kündigung auf aktuell 4,42%. Kommt die Anleihe ungekündigt durch, liegt die effektive Rendite bis Endfälligkeit für Sie bei 8,81%. Der Anreiz für BWAY ist also hoch.

Die Anleihen von Time Warner Telecom gehen regelrecht durch die Decke. Die Performance der Anleihen liegt mittlerweile bei 18,72% bzw. bei einer theoretischen Jahresrendite von 102,08%! Und das, obwohl das Quartalsergebnis auf den ersten Blick wenig Erfreuliches brachte. Der Umsatz blieb mit 175,11 Mio. Dollar nahezu unverändert im Vergleich zum Vorjahresquartal. Der Umsatz des Geschäftsjahres 2002 sank um 6% auf 695,57 Mio. Dollar, während sich der Verlust auf -366,04 Mio. Dollar ausweitete. Der hohe Verlust war maßgeblich dem 4. Quartal zuzuschreiben, wo Time Warner Telecom, die zu 44% zu AOL Time Warner gehören, -243,74 Mio. Dollar verlor. Da der Verlust nach Steuern jedoch hauptsächlich außerordentlichen Abschreibungen auf das Netzwerk des Unternehmens geschuldet war und der operative Verlust 24% geringer ausfiel als erwartet, wurden die Anleihen stark nachgefragt. Cash-flow Zahlen liegen mir noch nicht vor.

Ich bestätige meine spekulative Kaufempfehlung für Time Warner Telecom. Die Anleihen des Unternehmens sind allerdings aufgrund des hohen Risikos mit Vorsicht zu genießen. Das Rating liegt bei "B3" bzw. "CCC+". Der Handel (WKN 249178 / ISIN US887321AA59) findet ausschließlich in Amerika über Partner wie Merrill Lynch, ABN Amro und FleetBoston statt.

Mehrwertsteuer oder nicht? KPN verlangt vom niederländischen Finanzamt einen Vorsteuerabzug in Höhe von 100 Mio. Euro auf die ersteigerte UMTS-Lizenz, was dieses jedoch ablehnt. Das Wirtschaftsministerium wiederum weigerte sich eine detaillierte Rechnung auszustellen, da ihrer Ansicht nach die Mehrwertsteuerregelungen nicht auf diese Auktion angewandt werden können. KPN zieht deswegen voraussichtlich vor Gericht. Ebenso erwägt man in Den Haag, ob man auch einen Vorsteuerabzug für die deutsche UMTS-Lizenz beantragt. Hier würden insgesamt 1,17 Mrd. Euro an KPN zurückfließen.

Erhält Rußland 2004 einen Investmentgrad? Darüber spekuliert die Citigroup, der weltweit größte Finanzdienstleister. Standard & Poor's und Moody's hatten die russische Bonität für ausländische Schulden zuletzt im Dezember erneut angehoben. Damit liegt Rußland nun nur noch zwei Schritte unter dem ersten Investmentgrad. Die Citigroup verweist auf das erheblich gesunkene Risiko, seit Rußland 1998 Schulden im Wert von 40 Mrd. Dollar ausfallen ließ und den Kapitalmarkt in eine heftige Krise stürzte. Seinerzeit weitete sich die Differenz zwischen amerikanischen und russischen Staatsanleihen gleicher Fälligkeiten auf bis zu 6.400 Basispunkte aus. Heute liegt die selbe Differenz bei nur noch 300 Basispunkten.

Die Jamaika Anleihe leidet etwas unter der neuen Emission. Der Karibikstaat hat die Deutsche Bank und die Commerzbank beauftragt eine Eurobond Emission vorzubereiten, um Tilgungen im Wert von 217 Mio. Dollar in diesem Jahr zu refinanzieren. Jamaika schließt sich damit der kleinen Gruppe von Ländern in Latein- und Südamerika an, die es geschafft haben, sich von dem Flächenbrand in Argentinien, Brasilien und Venezuela sauber zu distanzieren. Die letzte Emission liegt zwei Jahre zurück. Seinerzeit wurden Anleihen mit einem Nennwert von 175 Mio. Euro emittiert. Ich empfehle die Euro-Jamaika Anleihen grundsätzlich weiterhin zum Kauf.

Apropos Südamerika: Argentinien scheint Lazard als Unterhändler gewählt zu haben. Offiziell ist noch nichts, aber die Buschtrommeln deuten darauf hin, daß die weltweit größte Privatbank den Zuschlag bekommt, die Restrukturierung der argentinischen Staatsanleihen mit den geschätzten 700.000 Investoren abzuwickeln. Lazard verlangt dafür 190.000 Dollar pro Monat, was bisher das niedrigste Angebot war. Morgan Stanley, die 1,2 Mio. Dollar pro Monat verlangen, wies darauf hin, daß die Konkurrenz offensichtlich keinen Überblick über den Aufwand der Transaktion hat. Anders wäre der Dumpingpreis nicht zu erklären.

Konkretes wurde nun auch erstmals zum Zeitplan vorgelegt: Die Restrukturierungsverhandlungen werden nach Schätzungen der Regierung 12 Monate dauern. Bevor der Prozeß jedoch komplett abgeschlossen werden kann und die Anleger ihre neuen Anleihen erhalten, werden voraussichtlich weitere 12 Monate ins Land gehen.


Quelle:FM Research
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arpad
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