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Alt 10-11-2002, 14:41   #7
saida
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EZB" PENNT WEITER, KONJUNKTURAUSSICHTEN IN DE KATASTROPHAL

Nachdem der EZB-Ratspraesident Duisenberg die Zinsen fuer Euro-
land am Donnerstag wie von uns befuerchtet erneut nicht senkte,
gab der DAX deutlich nach. Waehrend die US-Notenbank nun einen
Leitzinssatz von 1,25% hergestellt hat, liegen wir in Europa mit
3,25% volle 200 Basispunkte darueber. Aktienservice-Leser kennen
unsere Meinung, weder sind wir von der Kompetenz Duisenbergs ue-
berzeugt, noch halten wir die Statuten der EZB fuer anforderungs-
gerecht.

Die EZB hat bislang nur durch eines geglaenzt - naemlich durch
Passivitaet. Duisenberg sagte gestern, dass die Notenbank die
konjunkturelle Entwicklung in Europa sehr genau beobachtet. Das
ist sehr schoen, aber keineswegs beruhigend, denn wir brauchen
keine Notenbank, die beobachtet, wir benoetigen gerade in diesen
harten Zeiten eine Notenbank die HANDELT.


Natuerlich kann die ignorante Haltung der EZB auch diesesmal ent-
schuldigt werden. So kann in den Raum geworfen werden, dass sich
die EZB nicht dem Druck aus den USA beugen wollte, welche am Vor-
tag die Leitzinsen um 50 Basispunkte gesenkt hatte.

Auch kann entgegnet werden, dass sich die Politik in letzter Zeit
sehr fordernd an die EZB richtete, diesem Druck will eine Noten-
bank naturgemaess nicht nachgeben. Ueber allem thronen die un-
gluecklich gestalteten Statuten der EZB, welche lediglich auf die
Erhaltung der Preisstabilitaet ausgerichtet sind. Hinter diesen
Statuten versteckt sich Duisenberg nur allzu gern, kann er damit
doch seine Unterlassungsschuld rechtfertigen.

Auch kann argumentiert werden, dass die Notenbank den aufgeweich-
ten Stabilitaetspakt und die mangelnde Faehigkeit Europas groess-
ter Volkswirtschaft, die so dringend benoetigten Strukturreformen
anzugehen, nicht durch eine expansive Geldpolitik belohnen kann.
Die juengste Nicht-Zinssenkung kann also als disziplinarische
Massnahme verstanden werden.

Diese Gruende fuehren jedoch an den wahren Problemen voellig vor-
bei. Die Situation ist zu ernst, um Zinssenkungen an psychologi-
schen Praeferenzen der EZB scheitern zu lassen.

Die EZB sollte sich ungeachtet des juengst ueberraschend stark
hereingekommenen Geldmengenwachstums Gedanken ueber die Deflation
machen, Inflation ist kein Thema mehr. Wenn es denn zutrifft,
dass die EZB sich nur nach der Preisstabilitaet richtet, haette
sie die Zinsen letztes Jahr, als wir zeitweise knapp 1% ueber dem
Inflationskorridor von 2% lagen, sogar anheben koennen. Dies hat
sie nicht getan. Auch die gestrige Aeusserung von Duisenberg, die
Konjunktur sehr genau beobachten zu wollen, passt nicht in dieses
Bild.

Ein weiteres Problem, das Duisenberg durch seine unglaubliche
Passivitaet heraufbeschwoert, ist der starke Aussenwert des Euro.
Denn wenn die US-Notenbank eine Zinssenkung nach der anderen
durchfuehrt, die Zinsen in Euroland im Vergleich zur Konjunktur
jedoch unverantwortbar hoch bleiben, resultiert dies zwangslaeu-
fig in einem schwachen Dollar und in einem starken Euro, was wie-
derum die Konjunktur unterminiert, da die europaeischen und ganz
speziell die deutsche Volkswirtschaft extrem exportorientiert
ist.

Die preisliche Wettbewerbsfaehigkeit deutscher Produkte im Aus-
land nimmt also deutlich ab, waehrend die Politik nicht in der
Lage ist, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die
Binnennachfrage zu stimulieren. Dass die deutsche Wirtschaft auf-
grund der schwachen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingung und der
mangelnden Wirtschaftskompetenz der Legislative sehr fragil ist
und mit Volldampf auf die Rezession zusteuert war bereits seit
langem absehbar, nun ist jedoch davon auszugehen, dass sie ueber-
raschend stark in die Rezession hinabgleitet.

Bei allem Unmut ueber die Inkompetenz der Notenbank und der Poli-
tik muss jedoch fairerweise beruecksichtigt werden, dass es die
USA bei der Ergreifung von konjunkturstimulierenden Massnahmen
wesentlich leichter hat. Schwaechelt die Konjunktur, werden die
Staatsinvestitionen hochgefahren, die Steuern werden gesenkt.
Dass dies eine Neuverschuldung von 4 oder gar 5% nach sich zieht,
interessiert hier nicht, denn in positiven Konjunkturphasen wird
gespart.

Hier geschieht genau das Gegenteil - die Investitionen werden zu-
rueckgefahren, die Steuern dagegen erhoeht, ein wirklich unglaub-
licher Vorgang.
Zudem gibt es in Euroland den Stabilitaetspakt,
der fiskale Disziplin erfordert. Dies ist insgesamt zwar wuen-
schenswert, der Stabilitaetspakt wurde jedoch nicht fuer derart
rezessive Wirtschaftsphasen konstruiert. Nun zwingt er die Mit-
gliedsstaaten dazu, die Konjunktur kaputtzusparen. Vor diesem
Hintergrund ist leicht verstaendlich, weshalb der Stabilitaets-
pakt, der ja nicht fuer derartige Ausnahmesituationen konzipiert
wurde, stets mehr aufweicht.

Dieses Zwangskostuem, an das sich bald ohnehin niemand mehr hal-
ten wird koennen, darf von der Politik jedoch nicht als Alibi-
funktion missbraucht werden. Denn an der Notwendigkeit, die
staatliche Ausgabepolitik weniger Transferzahlungs- und mehr in-
vestitionsorientiert zu gestalten, und damit die Binnennachfrage
zu stimulieren aendert sich nichts.

Dies ist der richtige Weg, das Missverhaeltnis zwischen staatli-
chen Ausgaben und Einnahmen (Steuern) zu adjustieren. Bereits
Anfang 2001 schrieben wir, dass alles, was der Staat jetzt an
Investitionen einspart, er nachher durch dramatisch sinkende
Steuereinnahmen und hoehere Ausgaben fuer beispielsweise Ar-
beitslosenunterstuetzung etc. doppelt und dreifach draufzahlen
muss.

Zum Jahreswechsel schrieben wir, dass wir in 2002 fuer die deut-
sche Wirtschaft hoechstens ein Wachstum von 0,4% erwarten. Zu
dieser Zeit prognostizierten Wirtschaftsinstitute und Finanzmi-
nister noch ein Wachstum von ueber 2%! Man muss wahrlich kein
Hellseher sein, um zu begreifen, dass diese Politik Deutschland
in den Abgrund treibt. Jetzt scheint es sogar, als ob selbst un-
sere 0,4%-Prognose immer noch zu optimistisch ist.

Dies soll keine Partei-Schelte darstellen, auch unter Kohl in
1998 war Deutschland am Wirtschaftswachstum gemessen Schluss-
licht der EU-Staaten. Es ist einfach unglaublich schade, dass
Deutschland seiner verantwortungsvollen Rolle als die mit Ab-
stand groesste Volkswirtschaft Europas nicht gerecht wird, vor
allem weil Deutschland so weit unter seinen Moeglichkeiten
bleibt.

Wir zeichnen hier also weiterhin ein sehr schwarzes Bild fuer
die deutsche Wirtschaft, dies soll jedoch nicht bedeuten, dass
der DAX nochmals 50% verliert. Viele der wirtschaftlichen und
geopolitischen Risiken sind auf dem aktuellen Kursniveau der
BlueChips bereits eingepreist.

auszug aus:
http://www.aktienservice.de
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