22.03.2004
B Ö R S E N P S Y C H O L O G I E
Warum der Stolz dem Anleger schadet
Von Harald Grimm
Trotz Terrorgefahr und Kursrückschlägen beherrschen die Optimisten das Frankfurter Parkett. Anleger sollten sich gerade deshalb zurückhalten. Börsenpsychologe Joachim Goldberg verrät im Interview, mit welchen Tricks Profi-Trader ihre Verluste minimieren und wie Gewinne langfristig gesichert werden.
mm.de: Herr Goldberg, im Anschluss an die Terroranschläge in Madrid ist der Dax kräftig durchgeschüttelt worden und auf ein Jahrestief gefallen. Geht es an der Börse künftig wieder turbulenter zu?
Joachim Goldberg, Mitgründer und Geschäftsführer von Cognitrend. Das Unternehmen widmet sich der verhaltenswissenschaftlichen Analyse von Kapitalmärkten
Goldberg: Schon vor dem Attentat in Madrid waren die großen Marktteilnehmer auf eine Korrektur im Dax eingerichtet. So wurde die bereits vorhandene Konsolidierungsbewegung von den Ereignissen am 11. März beschleunigt. Aber die Zuversicht unter den Marktteilnehmern und die Bereitschaft, wieder zu investieren, kehrten rasch zurück.
Wir erstellen über die Deutsche Börse AG jede Woche ein Bull/Bear-Index genanntes Stimmungsbarometer und messen den Optimismus beziehungsweise Pessimismus der institutionellen Marktteilnehmer. Interessanterweise ist in der letzten Umfrage der Optimismus auffallend gestiegen. Dahinter stehen natürlich neue Positionierungen der Anleger.
mm.de: Das heißt, der Kursrückgang an der Börse wurde für Umschichtungen und Zukäufe genutzt?
Goldberg: Genau, der Dax war vorher zu teuer. In den vergangenen acht Wochen hatte der Markt versucht, von den Höchstständen wieder herunterzukommen. Nun sind die Kurse sehr schnell auf ein optisch niedriges Niveau zurückgefallen. Da dachten sich wohl viele: Das Schlimmste dieser Korrektur ist jetzt vorbei.
Unser Bull/Bear-Index zeigt jetzt den höchsten, also optimistischsten Stand sei Oktober 2003 an. Das ist eine beachtliche Trendwende, da seit Anfang Februar die Zuversicht der befragten Fondsmanager sukzessive nachgelassen hat. Nur einen Tag vor den Anschlägen in Madrid, notierte unser Sentiment-Index sogar auf einem Jahrestief. Dann ging es steil herauf.
mm.de: Wie verlässlich ist Ihr Bull/Bear-Index?
Goldberg: Die Deutsche Börse AG führt jeden Mittwoch eine Umfrage unter rund 150 institutionellen Investoren durch. Die Ergebnisse werden von uns interpretiert und im Bull/Bear-Index zusammengefasst. Diese Stimmungserhebung gibt Hinweise darauf, wie der Markt positioniert ist. Zudem kann man aus der Veränderung auch Rückschlüsse darauf ziehen, zu welchen Preisen die Investoren engagiert sind.
Weiter zu Teil 2: Das Erfolgsgeheimnis der Profi-Trader
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Börsenpsychologie
Teil 1: Warum der Stolz dem Anleger schadet
Teil 2: Das Erfolgsgeheimnis der Profi-Trader
Teil 3: Warum Anleger an Minus-Geschäften festhalten
Teil 4: Dax leidet unter zu optimistischer Stimmung
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