ZWEISCHNEIDIGE WIRTSCHAFTSDATEN; STARKE MÄRKTE
unbeeindrukt von den überraschend wesentlich schlechter als erwartet ausgefallenen...
Die Zahl der Erstanträge ist auf 413.000 gestiegen. Erwartet wurden 390.000 bis 393.000 neue Erstanträge nach zuvor 398.000 (revidiert von 394.000).
...hielten sich die us märkte gut und beachteten lieber die guten zahlen...
Die Industrieaufträge sind um 1,6 % gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,8 bis 1,0 %.
Der ISM Service-Index notiert bei 65,1. Erwartet wurde der Index bei 62,0.
...was im großen ganzen auch akzeptabel wäre, sind arbeitsmarktdaten doch typischerweise immer nachlaufend. leider muß man jedoch unverändert erhebliche zweifel an der richtigkeit der (positiven) daten haben.
hierzu sei mal der ausgezeichnete artikel des von mir als sehr seriös geschätzten volker hellmeyer, chefanalyst der bremer landesbank, zum besseren verständniss, angefügt, dessen beurteilung ich mich voll und ganz anschließe;
und ich kann nur dringend jedem empfehlen, sich diesen artikel sehr sogfältig durchzulesen, wenn man die von mir bereits häufig angesprochenen, statistischen mauscheleien, um nicht zu sagen betrügereien, besser zu verstehen !
Begründete Zweifel an der Qualität des US-BIP Wachstums im zweiten Quartal!
Das Bureau of Economic Analysis hat in der jüngsten Veröffentlichung der vorläufigen BIP-Daten für das zweite Quartal 2003
die Finanzmärkte positiv überrascht.
Der von 2,4 % auf 3,1 % nach oben revidierte Wert für das reale US-BIP unterstützt an den Finanzmärkten das für den USD
und die USA positive Marktumfeld. Auf den ersten Blick ergibt sich eine massive Divergenz zwischen dem Wachstum in den
USA gegenüber dem Wachstum der Eurozone.
Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Qualität des US-Wachstums. Handelt es sich um selbsttragendes Wachstum und ist
das Wachstum nachhaltig? In dieser Analyse beschäftigen wir uns von daher bewusst nicht mit den Teilen der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die negative Beiträge geliefert haben. Dementsprechend liegen die addierten
nachfolgenden positiven Wachstumsbeiträge in der Summe über 100 % des BIP-Wachstums des zweiten Quartals 2003.
Wir bedienen uns in der Analyse der Daten des Bureau of Economic Analysis (BEA) und stellen Zusammenhänge in der
Erfassung auf Basis „Current USD seasonally adjusted" und „Chained 1996 USD seasonally adjusted" dar. Der Wert der
„Current USD seasonally adjusted" stellt das saisonal bereinigte nominale BIP dar. Das saisonal bereinigte reale BIP wird
durch den Ansatz der USD-Preise von 1996 berechnet.
Das nominale Wachstum lag im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal bei 105,5 Mrd. USD. Über die Preisbereinigung
ergibt sich ein Wert von 73,5 Mrd. USD, der auf annualisierter Basis 3,1 % Wachstum entspricht.
Staatsausgaben spielen derzeit in den USA eine dominante Rolle. Von den realen 73,5 Mrd. USD Wachstum entfallen auf die
nationale Verteidigung 40,6 Mrd. USD oder 55 % des Wachstums. Der konsumtive Anteil der Verteidigungsausgaben liegt bei
35,5 Mrd. USD oder 48 % des Wachstums.
Fakt ist, dass die öffentlichen Defizite in den USA exponentiell defizitär ausfallen (annualisiert circa 6 % des US-BIP oder per
28.08.2003 nach 11 Monaten des laufenden Fiskaljahres 563 Mrd. USD) und für maßgeblich konsumtive Zwecke verwandt
werden. Damit erzielte ökonomische Einmaleffekte können und werden nicht Grundlage einer nachhaltigen
Konjunkturbelebung in den USA sein.
Positiv fiel das Wachstum des privaten Konsums um reale 62,4 Mrd. USD oder knapp 85 % des US-Wachstums aus. Die
massiven „Cash-Out" Refinanzierungen im US-Immobilienbereich zeichnen für diese Entwicklung im zweiten Quartal
maßgeblich verantwortlich. Der wöchentlich ermittelte „MBA Mortgage Application Survey" belegt für das zweite Quartal im
Bereich der Refinanzierungen einen massiven Anstieg. Der Index stieg von 5.092,0 am 25.4.2003 auf einen Höchstwert von
9.977,8 am 30.5.2003 und schloss das Quartal bei einem Wert von 8.599,1 ab. Mittlerweile ist der Index auf 2.169,0 per 22.
August kollabiert und belegt damit eindrucksvoll, dass eine weitere Alimentierung des Verbrauchers über diese Schiene nicht
erfolgen wird. Darüber hinaus ist Konsum auf Basis von „Cash-out" Refinanzierungen Konsum aus der Substanz und nicht aus
laufendem Einkommen. Die Kapitalbasis der privaten Haushalte wurde in den USA in den vergangenen Jahren merklich
erodiert. Die fiktiven, da nicht realisierten, Bewertungsgewinne bildeten die Grundlage. Ein möglicher Preisverfall an den USImmobilienmärkten
stellt ein erhebliches Risiko für das weitere Konsumverhalten in den USA dar. Nachhaltigkeit oder
selbsttragendes Wachstum lässt sich auf Basis von „Cash-out" Refinanzierungen nicht kreieren.
Optimisten erklären jüngst, dass die per 01.07.2003 erfolgte Steuerentlastung nun den Konsum verstetigen wird. Kurzfristig
mag das richtig sein. Tatsache ist jedoch, dass damit über erhöhte Budgetdefizite, im Klartext Neuverschuldung, konsumtive
Ausgaben alimentiert werden, die sich durch Einmaleffekte auszeichnen und nicht zu einem sich selbst tragenden Wachstum
beitragen. Insbesondere für asiatische Exportnationen stellt diese Politik der US-Administration ein Konjunkturprogramm dar.
Entscheidend ist, nicht nur nach Ansicht von Alan Greenspan, das Anspringen des Investitionszyklus. Die Finanzmärkte haben
den Anstieg um reale 26,6 Mrd. USD im Bereich „Fixed Investment" als Durchbruch gefeiert.
Fakt ist, dass das gesamte private Investment (Gross private domestic Investment) lediglich um 3,5 Mrd. USD anstieg. Fakt ist,
dass es im Bereich des „Industrial Equipment" einen Rückgang um 0,6 Mrd. USD gab. Fakt ist, dass im Bereich
„Transportation Equipment" ein Rückgang um 2,3 Mrd. USD zu verzeichnen war.
Auffällig positiv war der Bereich „Computers and peripheral equipment" mit einem Anstieg um „reale" 38,4 Mrd. USD.
Nominal lag der Zuwachs lediglich bei 6,3 Mrd. USD. Dank des hedonischen Ansatzes in der US-Statistik werden aus einem
Zuwachs von 6,3 Mrd. USD ( 8,6 % des Wachstums) in der Statistik 38,4 Mrd. USD oder circa 52 % des US Wachstums. Fakt
ist, dass lediglich 6,3 Mrd. USD zur Begleichung von Löhnen, Krediten, Vorprodukten, Marketing etc. in der US-Wirtschaft
zirkulieren. Die Statistik zeichnet insbesondere im Computerbereich ein Bild, das mit der Realität des Investitionszyklus nichts
zu tun hat. Phantomdollars dominieren das Bild, so wie Phantomgewinne das Bild bei Enron und Worldcom bestimmten. Aus
obigen Daten einen Paradigmenwechsel im Investitionszyklus ableiten zu wollen, erscheint nicht nachvollziehbar. Unverändert
ist ein nachhaltiges Anspringen des Investitionszyklus in den USA nicht erkennbar.
Der implizite Preisdeflator für das BIP liefert den nächsten Ansatzpunkt kritischer Betrachtung. Gegenüber dem 1.Quartal
2003 ist der Deflator von 2,4 % auf 0,9 %, also um markante 1,5 %, nach Angaben des BEA gefallen. Je geringer der Deflator
ist, desto größer fällt das Bruttoinlandsprodukt aus.
Die Verbraucherpreise wiesen in den USA in den Monaten April bis Juni auf Jahresbasis Zunahmen um 2,1 % - 2,2 % aus. Der
„Employment Cost Index" weist für das zweite Quartal einen Zuwachs um 3,8 % aus. Die Erzeugerpreise stiegen im 2. Quartal
auf Jahresbasis durchschnittlich um 2,6 % mit steigender Tendenz ( 2,37 %, 2,53 %, 2,89 %). Gleichzeitig fiel der USD im 2.
Quartal markant und hat damit das Risiko importierter Inflation erhöht.
In diesem Umfeld sinkt laut BEA der implizite Deflator für das BIP in den USA von 2,4 % auf 0,9 % und wirkt sich auf das
Wachstum mit 1,5 % im Vergleich zum Vorquartal positiv aus. Wir nehmen diese Daten erstaunt zur Kenntnis.
Zusammenfassend können wir feststellen, dass konsumtive Staatsausgaben militärischer Natur 48 % des Wachstums im
zweiten Quartal ausmachten. Der hedonische Ansatz im „Fixed Investment" steuert weitere 43,4 % (52 % - 8,6 %) des
Wachstums bei. Die potentielle Fragilität des Konsums im Hinblick auf kollabierte „Cash-out" Refinanzierungen,
Verschuldungsgrad der privaten Haushalte und Arbeitslosigkeit als auch die Fragen, die sich im Hinblick auf den impliziten
BIP-Preisdeflator stellen, können wir an dieser Stelle sogar außer Acht lassen, um klarzustellen, dass die Qualität des USWachstums
im zweiten Quartal unterproportional ausfällt und nicht ansatzweise die Vermutung eines sich selbsttragenden
Aufschwungs begründen kann.
Für den Inhalt verantwortlich:
Folker Hellmeyer
Chefanalyst
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