Zurück   Traderboersenboard > Börse, Wirtschaft und Finanzen > Amerika, Asien

Antwort
 
Themen-Optionen Thema bewerten
Alt 25-11-2005, 08:13   #1
OMI
Gründungsmitglied
 
Benutzerbild von OMI
 
Registriert seit: Sep 2000
Ort: Bayern
Beiträge: 82.693
Das Kapital: Die US-Wette ist statthaft, aber riskant

Das Kapital: Die US-Wette ist statthaft, aber riskant

[Von ftd.de, 21:52, 24.11.05] Wie auf Knopfdruck kommt jetzt eine nach der anderen Bank und ruft das Ende der relativen Schwäche des US-Aktienmarkts aus. Weitere Themen in diesem Kapital: Verkanntes und Riskantes.

Die Gründe liegen auf der Hand. Auf Basis 2006 kostet die US-Börse gerade den 14,5fachen Gewinn und damit bloß noch zwei KGV-Punkte mehr als Europa; wenn man die unterschiedliche Sektorzusammenstellung berücksichtigt, ist der Aufschlag noch geringer. Derweil ist die Aufholjagd der europäischen Firmen in Sachen Rentabilität so gut wie abgeschlossen. Und während sich in den USA das Ende des Zinszyklus andeutet, bahnen sich in Europa gerade Leitsatzerhöhungen an. Das Ende der monetären Restriktion fällt in den USA typischerweise mit zyklischen Spitzenergebnissen zusammen. In der Tat sind die US-Konsensschätzungen für die kommenden zwölf Monate den zweiten Monat in Folge gefallen. Aber das wird in der Regel durch die Aussicht auf sinkende Leitsätze und fallende Rentenrenditen überkompensiert, sodass die Wall Street in diesen Phasen meistens ganz gut abschneidet - absolut wie relativ gesehen. Am Anfang werden üblicherweise vor allem defensive Sektoren wie Versorger, Haushaltsgüter, Nahrungsmittel, Gesundheit und Tabak gesucht, während zyklische Branchen wie Stahl, Rohstoffe, Chemie und Tech nachgeben. Für eine Gewinnschwäche braucht es übrigens keine Rezession, wie im jüngsten Bank Credit Analyst aufgezeigt wird. Es reicht natürlich, wenn der Aufwand schneller als der Umsatz steigt, was sich in den USA andeutet, da das Wachstum nachlässt, während die Kosten zulegen und der handelsgewichtete Dollar erstmals seit Q2 2002 über dem Vorjahr liegt.
Verkanntes

Mutet alles in allem recht verlockend an, zumal die Saison ohnehin für Aktien spricht. Und angesichts der enormen globalen Liquidität, die bislang zu einem guten Teil aus Europa gespeist wird, sind die kurzfristigen Chancen nicht von der Hand zu weisen. Das Unbehagliche bleibt, dass der US-Markt eigentlich nur nach einer einzigen Kennziffer billig aussieht: dem KGV auf Grundlage des für 2006 geschätzten "operativen" Gewinns je Aktie, der um zwölf Prozent steigen soll. Auf Basis der von S&P berechneten ökonomischen Kerngewinne - die Optionskosten berücksichtigen, Pensionskniffe eliminieren und außerplanmäßige Firmenwertabschreibungen sowie Rechtskosten zurückaddieren - notiert der S&P 500 mit dem 19,5fachen 2005er Gewinn. Die nichtfinanziellen US-Unternehmen kosten im Schnitt den 1,55fachen Umsatz und den 9,2fachen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2005. Die Dividendenrendite liegt bei 1,8 Prozent. Am Ebitda gemessen beträgt der Bewertungsaufschlag zu Europa immer noch ein Viertel, von der Dividendenrendite ganz zu schweigen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob es einem angesichts der Spekulation um das Ende des US-Zinszyklus nicht eher angst und bange werden sollte, statt zu jubeln. Real, also nach Abzug der Inflationsrate, ist der Leitsatz der Fed nach wie vor negativ. Der letzte Zinszyklus endete mit Realsätzen von gut drei Prozent - oder vier Prozent, wenn man mit der Kerninflationsrate deflationiert. Die Munition der Fed ist also begrenzt, falls sie sich gegen einen neuen Abschwung zu stemmen hätte.
Riskantes

Mit Blick auf die Datenlage scheint ein schwerer Konjunkturrückschlag nahezu ausgeschlossen zu sein. Dennoch sind die Risiken groß. Sie konzentrieren sich auf den Immobilien, deren Hausse den Verbrauchern 2004 Mittel von 6,9 Prozent der Einkommen zuschanzte. Wie Großbritannien und Australien zeigen, ist der Konsum gefährdet, wenn der Anstieg der Hauspreise nachlässt. Und im Median lagen zumindest die Neubaupreise zuletzt bloß noch um 1,9 Prozent über dem Vorjahr, während die Erschwinglichkeit von Häusern im dritten Quartal weiter abgenommen hat. Die Leerstandsraten drohen zuzunehmen, da der Anteil der Wohnungsbauinvestitionen am BIP seit Anfang der 90er Jahre von vier auf gut sechs Prozent gestiegen ist, obwohl inzwischen 69 Prozent der Menschen in den eigenen vier Wänden leben. Nachlassende Immobilienmärkte würden den Konsum aber nicht nur indirekt - über Vermögens- und Beleihungseffekte - belasten, sondern wohl auch die Nachfrage nach Bauarbeitern drosseln. Dabei waren bisher die baunahen Branchen eine der Hauptstützen des Arbeitsmarkts, der im Vergleich zu früheren Zyklen ohnehin recht flau geblieben ist. Dazu noch die negative Sparquote, die rekordhohe Schuldendienstquote und die schwache Reallohnentwicklung bedacht, scheint eine Konsumabschwächung nur eine Frage der Zeit zu sein. Derweil liegt auch der Anteil der Ausrüstungsinvestitionen am BIP schon um einen Prozentpunkt über dem Nachkriegsschnitt. Die Wette auf die USA ist statthaft. Aber sie ist das Risiko kaum wert.

Quelle: ftd
__________________
Schöne Grüße
OMI
OMI ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Es ist jetzt 19:06 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.4 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.