Zurück   Traderboersenboard > Börse, Wirtschaft und Finanzen > Wirtschaftsdaten und allgemeine Finanzthemen

Antwort
 
Themen-Optionen Thema bewerten
Alt 29-03-2005, 10:52   #1
simplify
letzter welterklärer
 
Benutzerbild von simplify
 
Registriert seit: Jul 2002
Ort: Chancenburg, Kreis Aufschwung
Beiträge: 35.728
so sieht es Prof. Norbert Walter

zum thema pessimismus:

Mein Gott, welch ein Fehlstart in das Jahr 2005. Hiobsbotschaften von der Konjunktur,
über das Weihnachtsgeschäft. Niederschmetternde Zahlen von der Arbeitslosenfront.
Lohnspirale nach unten. Kürzungen wohin man sieht. Privatkonkurse auf Stratosphärenniveau.
Nervöse Unternehmenschefs, hilflose Politiker. Prognostiker Arm in
Arm beim Abwärtsrevidieren ihrer schon schwachen Prognosen. Eine Nation beim
Löffel abgeben.
Aber halt! Gibt es da nicht ständig Unternehmensnachrichten, die überraschende
Erfolge dokumentieren. Beim Export steigt im Januar 2005 der Lastwagenexport um
mehr als ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahresmonat. BASF und andere melden
Umsätze und Gewinne selbst über den Erwartungen optimistischer Analysten. Da
sind die deutschen Stahlkocher vor Stolz kaum wieder zu erkennen. Da gibt es bei
der Inflation zwei Quartale hintereinander Meldung über kompletten Exit. Und da
bleiben die Aufträge nach einem nie da gewesenen Anstieg im Dezember auch im
Januar 2005 auf richtig hohem Niveau. Und da steigt im Januar die Industrieproduktion
nach fast 1 Prozent im Dezember um volle 3 Prozent. Im Vorjahresvergleich landen
wir damit bei einem Zuwachs von gut 3 Prozent. Wo bleiben die Kommentare
über diese Erfolge? Wie kommt es, dass die Deutschen die Wahrnehmung ihrer Erfolge
komplett verweigern? Sind wir alle Psychopaten? Und wie kann man sich den
lemminggleichen Eifer der Prognostiker auf dem Weg nach unten erklären?
Nun ja, wenn man die Zahlen für die Sozialproduktentwicklung für 2004 für bare
Münze hält, haben wir das Jahr 2005 ohne „Überhang“ begonnen. Das heißt, das
Sozialprodukt war am Jahresende nur so hoch wie im Jahresdurchschnitt. Wer deshalb
- wie ich - 2% Wachstum für 2005 für möglich hält, muss im Durchschnitt für
2005 von Quartal zu Quartal - nach Adam Riese – ein Wachstum von 4 Prozent erwarten.
Und dies ist, das ist einzuräumen, nach all den Stagnationsjahren starker
Tobak, insbesondere im Angesicht hoher Ölpreise und eines sehr teuren Euro. Aber
warum sollte der Investitionsboom in der Weltwirtschaft uns Deutsche nicht noch
einmal mit Pfeffer zum Exportweltmeister machen, warum sollten deutsche Unternehmen
nicht 2005 ihren reichlichen Cash Flow zu einer kräftigen Investitionsaufstockung
zur Modernisierung nutzen? Warum sollten fortgesetzt niedrige Zinsen nicht
den Ersatzbedarf bei langlebigen Gebrauchsgütern anregen? Wieso eigentlich sollten nicht überfällige staatliche Investitionsprojekte als Public Private Partnerships
rasch auf den Weg gebracht werden? Warum würde ein Unternehmer auf wirtschaftlichpolitische
Klarheit setzen, wenn es sie vor Frühjahr 2007 ohnehin nicht gibt? Vielleicht
sogar auch danach nicht. Wer als Unternehmer „zur Sicherheit“ bis Frühjahr
2007 warten will, wird vielfach in unserer schnelllebigen Zeit von der Konkurrenz weit
überholt sein. Er braucht dann nicht mehr seine Zukunft zu gestalten, sie ist dann
bereits vorbei. Wetten, dass die Deutschlandprognosen ab Ostern nach oben revidiert
werden!

quelle: deutsche bank
__________________


Der ideale Bürger: händefalten, köpfchensenken und immer an Frau Merkel denken
simplify ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27-10-2005, 20:56   #2
simplify
letzter welterklärer
 
Benutzerbild von simplify
 
Registriert seit: Jul 2002
Ort: Chancenburg, Kreis Aufschwung
Beiträge: 35.728

Energiepreis - Menetekel an der Wand?

Jetzt haben wir es amtlich. Die Verteuerung von Öl und insbesondere Benzin treibt
die Inflation. Im September und Oktober hat die Inflationsrate die Marke von
2 Prozent in Deutschland klar überschritten. Dies ist nicht das Ende der
Fahnenstange: Denn nur bei Benzin und Heizöl gibt es zeitnahe Anpassungen an die
Preisbewegungen an den Rohölmärkten. Bei Gas und Strom ist diese Preiserhöhung
zeitverzögert. Damit blüht uns auch noch ins Jahr 2006 hinein eine Belastung
unserer Budgets. Und die Hurrikansaison ist noch nicht vorbei. Auch gibt es
plausible Berichte, dass die Haushalte wegen der im ganzen Sommer hohen Preise
recht wenig Heizöl gekauft haben. Dies könnte sich nun rächen und einen
eigenständigen Preisschub beim Heizöl auslösen.
Wie dürfte es mit den Energiepreisen weitergehen und welche wirtschaftlichen
Folgen sind zu erwarten? Da die Effekte vermutlich gravierend sind, was werden die
wirtschaftspolitischen Instanzen hier und andernorts tun?
Anders als bei der Ölpreisexplosion in den 70er Jahren erwartet man diesmal keine
Rezession. Meist wird die Erwartung weniger dramatischer Folgen darauf
zurückgeführt, dass der Ölpreisansteig diesmal nicht Folge einer
Angebotsverknappung ist, sondern praktisch allein als Konsequenz einer sehr
starken, nachhaltigen Expansion der Energienachfrage. Trotz mehrjähriger
Verteuerung von Öl, 2005 besonders massiv mit über 20 $ je Fass, laufen die
Motoren der Weltwirtschaft auf praktisch unverändert hoher Tourenzahl. Auch
Schwellenländer in Lateinamerika und Mittel- und Osteuropa blieben in einem
robusten Aufwärtstrend. Selbst Japan gelang der Ausbruch aus der Stagnation.
Zugegeben, Europa krebst und dies obwohl die Exporte nach wie vor die Wirtschaft
solide stützen. Aber nunmehr beginnen die Effekte zu „beißen“. Wenn Amerikaner für
die Gallone Benzin 3 Dollar zahlen müssen, bricht für viele die Welt der Sport-Utility-
Vehicles zusammen. Und die Air-Condition im Sommer und die Heizung im Winter
bei schlecht schließenden Fenstern wird zum Dollargrab. In vielen Schwellen- und
Entwicklungsländern können die Regierungen die Subventionen für Energie nicht
mehr fortsetzen; denn die Haushaltslöcher, die diese Preissubventionen rissen, sind
gigantisch und nicht durchhaltbar. Wir alle haben die auf die Preisanpassung
folgenden Demonstrationen etwa in Indonesien wahrgenommen. Also jetzt rezessive
Folgen der Ölpreissteigerung?
Zuerst einmal, was sich in den letzten beiden Jahren bei den Energiepreisen ereignet
hat, entspricht der Wirkung nach einer 3%igen Mehrwertsteuererhöhung bei den
Ölverbrauchsländern. Das ist kein Pappenstiel. Und es ist offenkundig besonders
schmerzhaft für die, deren Wachstumsdynamik nicht wie in den USA, Indien und
China groß ist, sondern wie bei uns in Europa und Deutschland nicht vorhanden ist.
Hier geht die Belastung entsprechend direkt auf die Knochen. Aber bevor spiralartige
Prozesse nach unten als Folge dieser Ereignisse als unvermeidbar angesehen
werden: Es gibt Gegenkräfte: Erstens, da seit einiger Zeit geglaubt wird, dass
Energie nicht bald wieder billig sein wird, kommt es bei Öl und Gas, aber auch Kohle,
Kernenergie, Biomasse, Wind- und Solarenergie zu kräftigen Anstiegen der
Investitionen. Dies stärkt die Ausweitung des Energieangebots. Zweitens, die
nachhaltig erhöhten Preise sorgen für Energieersparnis. Energiesparende Autos
gewinnen Marktanteile und generell wird mit natürlichen Ressourcen besser
gehaushaltet. Die Nachfrage sinkt. Drittens gewinnen die deutschen Anbieter
zusätzlichen Absatz in Ländern, die Energie exportieren. Dies gilt für Norwegen,
Russland, aber auch für den Nahen Osten und einige Länder Afrikas. Nicht
unbedeutend ist zudem, dass deutsche Unternehmen oftmals Güter exportieren und
für den heimischen Markt liefern, die besonders energiesparend sind
(Wäschetrockner, Heizkessel) und Produkte für die Gewinnung regenerativer
Energie herstellen. Aus dieser Kombination von Faktoren resultiert zwar nicht, dass
Deutschland von hohen Ölpreisen profitiert. Aber der Energiepreisanstieg ist
gesamtwirtschaftlich für Deutschland bei weitem nicht so nachteilig wie eine isolierte
Betrachtungsweise der erhöhten Ölrechnung vermuten lässt.
__________________


Der ideale Bürger: händefalten, köpfchensenken und immer an Frau Merkel denken
simplify ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23-12-2005, 15:00   #3
simplify
letzter welterklärer
 
Benutzerbild von simplify
 
Registriert seit: Jul 2002
Ort: Chancenburg, Kreis Aufschwung
Beiträge: 35.728
Norbert Walter


Energiepolitik in den USA - modernes Antiquariat?

In vielen Bereichen sind die USA absolute Weltspitze. Auch im Ölverbrauch. Sie benötigen
fast achtmal soviel wie Deutschland, haben aber nur ein Dreifaches der
deutschen Bevölkerung. Und sie sind abhängig vom Erdöl, so abhängig wie kein anderes
Land der Welt. Deshalb richten sie ihre Energiepolitik seit Jahren strategisch
an der Erschließung neuer Märkte, beispielsweise in Westafrika oder im Nahen Osten
aus.
Prinzipiell streben die USA ähnliche energiepolitische Ziele wie die übrigen Industrieländer
an. Sicherheit und ökologische Nachhaltigkeit stehen oben auf der Agenda.
Doch Wirtschaftlichkeit steht in den USA eindeutig im Vordergrund. So werden im
Konfliktfall die Umweltinteressen hintangestellt.
Antiquierte Energiepolitik, meinen deshalb die Europäer, und wissen nicht so recht,
ob sie die Amis auslachen sollen, oder ob ihnen das Lachen dabei im Halse stecken
bleibt. Denn die Erderwärmung hat längst begonnen. Das stärkste Hurrikanjahr aller
Zeiten, 2005, hat bei den Amerikanern vor der eigenen Haustüre gekehrt. Doch das
Kyoto-Abkommen ratifizieren die USA auch weiterhin beharrlich nicht. Warum? Sie
berufen sich auf die minimale Temperatursenkung des globalen Klimas von 0,03
Grad, die die Umsetzung des Kyoto Protokolls bewirken würde und auf die boomenden
Schwellenländer, die den eigenen Energieausstoß zunächst nicht mindern müssen.
In Europa werden seit langer Zeit fleißig Gebäude isoliert, Filteranlagen in Fabriken
einbaut, Autos mit geringem Verbrauch produziert, Benzin besteuert und sogar im
privaten Bereich Energiesparlampen installiert. Die amerikanische Gesellschaft aber
ist auf billige Energie getrimmt. Für Nachhaltigkeit im Energiesektor und für deren
Förderung wird nur wenig Geld ausgegeben. Denn die Gesellschaftsphilosophie der
USA basiert darauf, dass billige Energie ein Grundrecht ist. Und so schockiert es nur
europäische Ohren, wenn Vizepräsident Cheney öffentlich äußert, dass Energiesparen
vielleicht eine persönliche Tugend sei, aber nicht die Grundlage für eine umfassende
vernünftige Energiepolitik.

Doch die Amerikaner finden dies strategisch clever: kurzfristige und teure Emissionssenkung
wird vermieden. Wunsch der Regierung ist es stattdessen durch die Entwicklung
neuer Technologien eine größere Senkung der Emissionen möglich zu machen
- und dies zu niedrigeren Preisen. Erste Schritte hierfür sind bereits getan. So
sind die USA weltweit auf Platz 2 bei der Produktion von Ethanol und auf Platz 3 bei
der Produktion von Solarzellen. Das klingt wirtschaftlich sinnvoll durchdacht, ist aber
ein Spiel mit dem Feuer. Katrina und Rita haben es den Amerikanern gezeigt: die
globale Erwärmung ist da. Sicher können wir hoffen, dass Zukunftstechnologien uns
den Weg weisen, um in ein paar Jahren richtig viel Energie zu sparen und das auf
eine effiziente Weise. Vielleicht ist es ungefährlich, jetzt viele Ressourcen zu
verbrauchen und gute Gewinne einzufahren, um später mit enormem Potential einzusparen.
Aber Sicherheit darüber gibt es nicht. Wenn man nicht weiß, wann mit
dem Sparen begonnen werden muss, möchte ich es lieber mit Dagobert Duck halten
und früh Reserven bilden. Deshalb sollte sich die amerikanische Bundesregierung
lieber die Initiativen einzelner Bundessaaten zu Herzen nehmen. Diese werden zwar
bei der europäischen Energieschimpfe auf die USA häufig ignoriert, haben aber einiges
vorzuweisen: so hat doch der am stärksten bevölkerte Bundesstaat Kalifornien
schon mit seiner als 'California Effect' bezeichneten Abgasgesetzgebung ein positives
Stück Regulierungsgeschichte geschrieben.
Europa kann sich in punkto Wirtschaftlichkeit und strategischer Ausrichtung ein Beispiel
an der Energiepolitik der USA nehmen. Doch die Amerikaner dürfen die Nachhaltigkeit
nicht weiterhin so notorisch vernachlässigen. Weder im globalen noch im
eigenen Interesse. Energie ist ein knappes Gut, ihre effizientere Nutzung ist eine Investition
in die Zukunft. Die Amerikaner denken Modernisierung wird es richten; die
internationale Ausrichtung an Nachhaltigkeit sorgt aber dort, wo sie ernst genommen
wird für eine sachgerechte Orientierung des technischen Fortschritts und damit für
einen Vorsprung nicht durch Technik, sondern durch Vorausschau.

G:\Walter\ZEITUNG\PB Newsletter\23_12_05_Energiepolitik_in_den_USA.doc
__________________


Der ideale Bürger: händefalten, köpfchensenken und immer an Frau Merkel denken
simplify ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Es ist jetzt 04:52 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.4 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.