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Alt 04-01-2004, 17:39   #1
Starlight
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Charttechnik für Einsteiger

Charttechnik leicht gemacht

Eine kleine Hilfe für Quereinsteiger und Newbies

Den Preis einer Aktie verdeutlicht wohl nichts besser als der Chart, der anschaulich das Gerangel zwischen Angebot und Nachfrage illustriert. Daher stellt der Chartist seine Hoffnungen und Erwartungen in die fundamentale Entwicklung eines Marktes zurück und versucht den Chartverlauf zu berücksichtigen.


1. Trends und Trendkanäle


Die Erfahrung lehrt, dass sich Börsenkurse in Trends bewegen. So ist es das Ziel der Chartanalyse, Trends zu identifizieren und eine Trendwende möglichst frühzeitig aufzuspüren. Als erstes sollte deshalb der vorherrschende Trend erkannt werden. Unterschieden wird dabei in Aufwärtstrends, Abwärtstrends und Seitwärtstrends, wobei für letztere der Begriff Seitwärtsbewegung passender ist, da diese auch oft als trendloser Markt bezeichnet werden. In zeitlicher Hinsicht untergliedern wir in primäre, sekundäre und tertiäre Trends. Der primäre Trend erstreckt sich über eine Dauer von mehreren Jahren, der sekundäre Trend dauert meist einige Wochen bis Monate, und tertiäre Trends fassen geradlinig verlaufende Kursentwicklungen von Tagen (bis zu wenigen Wochen) zusammen.

Charts liefern in allen Zeitebenen brauchbare und wichtige Hinweise, angefangen beim Stundenchart, über den wohl am meisten gebräuchlichen Tageschart, bis hin zu Wochen- oder Monatscharts. Zu beachten ist hierbei natürlich der jeweilige Anlagehorizont: Für einen Daytrader kann die Rücksichtnahme auf einen langfristigen Trend hinderlich sein. Analog ist für einen langfristig orientierten Anleger die Betrachtung eines Minutencharts nur von wenig Interesse.

Einen Aufwärtstrend erhält man durch die Trendlinie, welche die Tiefpunkte der bisher kursbestimmenden Entwicklung mit einer geraden Linie verbindet. In Abwärtstrends wird entsprechend eine Linie an die Hochpunkte angelegt.



Im Beispiel eine Aufwärtstrendlinie, die sich schon recht bald nach dem Tiefpunkt im Oktober herauskristallisierte, und spätestens ab der dritten Berührung im Januar klar zu erkennen war. Anschließend stiegen die Kurse noch bis in den Juli und bestätigten die Aufwärtstrendlinie zwei weitere Male. Erst der Trendbruch Ende Juli beendete die Aufwärtsbewegung aus technischer Sicht. Die Aktie fiel anschließend deutlich ab.

Dabei bildete sich dann ein Abwärtstrend, der im folgenden Bild dargestellt ist. Im Juli waren sowohl der auch schon zuvor gültige (und daher "übergeordnete") Aufwärtstrend, als auch der sich später durchsetzende Abwärtstrend intakt.




Bis zum Trendbruch Ende Juli war der Abwärtstrend also nur ein untergeordneter Trend. Schon in der Phase des Kursanstiegs von Oktober bis Juli bildeten sich zahlreiche kurzfristige Abwärtstrends, die allerdings keine Gefahr für den übergeordneten Aufwärtstrend darstellten. Am deutlichsten zu erkennen die Korrektur von April bis Anfang Mai (dünn eingezeichnete Trendlinie im oberen Bild). Dies verdeutlicht, dass grundsätzlich kein zu kleines Zeitfenster gewählt werden sollte, um den aktuellen Verlauf richtig in die Gesamtentwicklung einordnen zu können.

Meist muss die Lage der Trendlinie ab der dritten Berührung noch etwas korrigiert werden. Kleine Ausreißer (Kurs durchbricht die Trendlinie kurzzeitig, um sofort wieder in seinen Trend zurückzukehren) sind dabei unerheblich. Denn auch bei bestehenden Trends kommt es nicht selten zu solchen Fehlausbrüchen, die dann aber keineswegs den Trend in Frage stellen. Aus diesem Grund gilt ein Trend auch erst dann als beendet, wenn die Kurse signifikant, d.h. um mindestens 3 Prozent, aus dem Trend ausgebrochen sind.
Trendlinien lassen sich natürlich schon ab zwei Berührungspunkten einzeichnen, grundsätzlich gilt aber eine Trendlinie als um so "massiver", je mehr Auflagepunkte sie besitzt. Und je flacher ein Trend verläuft, desto beständiger ist er im Allgemeinen.
Wird ein Trend verlassen, bedeutet dies nicht automatisch das Entstehen eines entgegengerichteten Trends. Anleger sollten immer auch eine Seitwärtsbewegung oder einen weniger steilen Verlauf als zuvor einkalkulieren. Sicher kann in einem solchen Moment nur ausgesagt werden, dass der vorherige Trend nicht mehr gültig ist. Für Hinweise auf die weitere Entwicklung ist dann z.B. nach Umkehrformationen oder neuen Trendlinien zu untersuchen.



Mitunter verlaufen Trends sehr regelmäßig. Dann kann man sowohl die untere als auch die obere Grenze der Kursbewegungen mit jeweils einer Linie verbinden. Verlaufen diese beiden Linien genau parallel, dann liegt ein Trendkanal vor, der zusätzliche Informationen über den zu erwartenden Kursverlauf bietet.


Legt man zu dem Aufwärtstrend bei Bayer eine zweite, parallele Trendlinie an die Hochpunkte von Februar und März, erhält man einen solchen Trendkanal. Nach dessen mehrfacher Bestätigung scheiterte die Notierung im April schon vor Erreichen der oberen Kanalbegrenzung - die Aktie zeigte Schwäche. Entsprechend folgte im Mai ein Test der unteren Trendlinie. Dabei wurde der Aufwärtstrend bestätigt und die Aktie legte weiter zu. Im folgenden konnte zwar das vorherige Hoch vom April klar geknackt werden, ein Anstieg bis zur oberen Trendlinie blieb aber aus. Ein Zeichen für abnehmenden Aufwärtsdrang, was kurze Zeit später zu einem Ausbruch nach unten aus dem Trendkanal führte.

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Alt 04-01-2004, 17:42   #2
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2. Unterstützungen, Widerstände und Seitwärtsbewegung

Im täglichen Börsengeschehen lässt sich des öfteren ein Phänomen beobachten: Auf einem bestimmten Niveau prallen die Kurse immer wieder ab. Je nach Konstellation spricht der Charttechniker dann von einer Unterstützung (oder einem Widerstand).

Gelingt der Aktie - oft erst nach mehreren Anläufen - der Sprung über einen Widerstand, leitet der Charttechniker daraus ein Kaufsignal ab. Unterschreitet der Kurse eine Unterstützung, stellt das entsprechend ein Verkaufsignal dar. Nachdem eine Unterstützung oder ein Widerstand durchbrochen wurde, kehrt sich dessen Funktion um. Ein Widerstand wird dann beispielsweise zur Unterstützung. Bei dem Bayer-Chart liegt eine solche horizontale Linie bei 37,20 Euro vor. Anfang Januar scheiterte die Aktie an dieser Marke und fiel anschließend bis fast auf die Aufwärtstrendlinie zurück. Mit neuem Anlauf konnte dann rund einen Monat später dieser Widerstand geknackt werden. Bei dem anschließenden Rückfall Mitte Januar bestätigte sich die unterstützende Wirkung. Auch bei dem späteren Kursrückgang war diese Linie noch aktuell, im August wurde der Kursverfall zunächst dort gebremst. Auch wenn die Notierung an einzelnen Tagen unter die Linie rutschte, konnte diese per Schlusskurs zuverlässig behauptet werden. Nach dem Durchbruch kurze Zeit danach und folgenden Kursverlusten stieg die Aktie im November auch wieder exakt bis an diese Horizontale. Daher bietet es sich an, auch derartige Linien nicht aus dem Chart zu entfernen, da Unterstützungen und Widerstände häufig selbst nach vielen Jahren noch ihre Gültigkeit besitzen.




Pendelt die Notierung geraume Zeit zwischen einer Unterstützungs- und einer Widerstandslinie auf und ab, spricht man von einer Seitwärtsbewegung; auch Schiebezone oder Tradingrange genannt. Im unteren Beispielchart schwankte die Aktie fast fünf Monate zwischen 10 und 11 Euro (beachtenswert auch die Anziehungskraft der "runden" Zahlen"). Sehr regelmäßig bewegte sich der Kurs dabei zwischen der unteren und der oberen Begrenzung, kurzzeitige Ausbrüche waren nicht signifikant (d.h. weniger als 3 Prozent). Erst im Juli wurde die Unterstützung bei 10 Euro klar nach unten durchbrochen, die Seitwärtsbewegung beendete die Aktie mit einem Verkaufsignal.
Das Mindestkursziel wird ermittelt, indem der Abstand zwischen der unteren und der oberen Begrenzungslinie an die Ausbruchstelle projiziert wird, in diesem Fall also ein Ziel bei etwa 9 Euro. Dieses wurde im Beispiel schnell unterboten, und nach zwei Pullback-Reaktionen im Juli und August, bei der die Notierung wieder bis in den Bereich von 10 Euro stieg, setzten sich die Kursrückgänge fort.



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Alt 04-01-2004, 17:44   #3
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3. Flagge, Rechteck, Dreieck

Eine Flagge ist eine recht häufig auftretende Konsolidierungsformation in starken Trends. Sie sind im Chart meist leicht zu erkennen, da sie prinzipiell gegen den Haupttrend gerichtet sind. Im Bayer-Chart sind exemplarisch zwei Flaggen im Zeitraum Februar/März eingezeichnet. Auffällig hierbei auch die idealtypisch fallenden Umsätze während der Konsolidierung. Der Ausbruch aus der Flagge bestätigt immer den übergeordneten Trend. Dieses Signal sollte möglichst bei steigenden Umsätzen zustande kommen; auch dies ist bei den beiden Beispielen zu erkennen.



Im Laufe der Abwärtsbewegung bildete sich dann im August/September ein erstes Dreieck. Zu ignorieren ist hier wiederum der kurzzeitige Ausbruch nach oben Anfang September: Die Aktie eröffnete zwar oberhalb der Formation, kehrte aber bereits per Schlusskurs wieder in das Dreieck zurück. Gut eine Woche später wurde das Dreieck dann nach unten verlassen. Auch wenn hier zunächst eine Seitwärtsbewegung folgte, wurde das Kursziel im Oktober dann deutlich übertroffen. Bei Dreiecken wird das Mindestkursziel ermittelt, indem der Abstand der oberen und unteren Dreieckslinie zu Beginn des Dreiecks an die Ausbruchstelle angetragen wird. Die Umsätze sollten innerhalb der Dreiecksformation rückläufig sein. Das nächste Dreieck im Oktober führte dann nicht zu einer Trendfortsetzung, sondern zu einer Aufwärtsreaktion.

Im Gegensatz zur Flagge, die den übergeordneten Trend stets bestätigt, haben Dreiecke in der Charttechnik ambivalenten Charakter. Sie treten sowohl als Konsolidierungsformationen als auch als Wendeformationen auf. Insbesondere symmetrische Dreiecke sind grundsätzlich als neutral einzustufen. Erst die Ausbruchrichtung gibt den weiteren Trend vor.

Neben symmetrischen Dreiecken (wie im obigen Chart) kommen auch aufsteigende bzw. fallende Dreiecke häufig in Kursverläufen vor. Dabei ist das steigende Dreieck leicht positiv zu deuten, da sich die Notierung im Verlauf der Formation der oberen Begrenzung annähert, beim fallenden Dreieck hingegen erfolgt meist ein Ausbruch nach unten.



Im Beispiel ein steigendes Dreieck bei Bayer. Gut zu erkennen der tendenziell sinkende Umsatz sowie der mustergültig unter sehr hohem Umsatz stattfindende Ausbruch nach oben. Auch hier wurde das Mindestkursziel schnell erreicht und anschließend noch deutlich übertroffen. Auch bei den bullishen (da aufsteigenden) Dreiecken sollten Anleger nicht zu früh auf einen Ausbruch nach oben setzen. Das sich mit dem Ausbruch ergebende Signal sollte stets abgewartet werden.


Im unteren Schaubild ein fallendes Dreieck bei FMC. Wieder sinken die Umsätze - von einem Ausreißer abgesehen - bis der Handel gegen Ende der Formation fast völlig austrocknet. Mit dem Ausbruch steigt das Volumen dann an, was bei einem Verlassen nach unten allerdings nicht zwingend ist. Wieder wird das rechnerische Mindestkurziel zügig erreicht, nach einer kurzen Gegenreaktion setzte sich die Abwärtsbewegung fort.




Auch Rechtecke haben in der Charttechnik einen ambivalenten Charakter: meist bilden sie Konsolidierungsformationen, mitunter vermag es ein Rechteck aber auch, den bestehenden Trend zu drehen. Daher ist bei einem Rechteck - wie so oft in der Charttechnik - vor einer Kaufentscheidung unbedingt der Ausbruch aus der Formation abzuwarten. Die Umsätze sollten im Verlauf sinken, das Mindestkursziel erhält man durch Projektion des Abstands der beiden Begrenzungslinien an die Ausbruchstelle. Im vorliegenden Beispiel lief die BMW-Aktie von Mai bis August seitwärts und bildete dabei bei 42 Euro einen Widerstand und bei 38 eine Unterstützung aus. Dann fiel die Aktie aus dem Rechteck heraus, was als Verkaufsignal zu interpretieren war.

Nach der unteren Trendwende kam der Kurs im Oktober ins Stocken. In diesem Fall präsentierte sich das Rechteck wie auch im März 2003 als trendbestätigend.




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Alt 04-01-2004, 17:46   #4
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4. Keile


Der Keil, engl. "Wedge", ähnelt von seiner Form einem Dreieck, jedoch sind beide Begrenzungslinien in die gleiche Richtung geneigt. Es gibt steigende Keile, auch Baissekeil oder Rising Wedge genannt, sowie fallende Keile (Haussekeil). Das Signal entsteht grundsätzlich mit dem Ausbruch aus der Formation. Meist sind Keile als Konsolidierungsformationen zu finden. Die Neigung ist dann gegen den Haupttrend gerichtet, die Interpretation mit der von Flaggen zu vergleichen.
Mitunter treten Keile aber auch als Trendwendeformation auf, dann ist die Richtung des Keils identisch mit dem vorherigen Trend. Im Schaubild ein Baissekeil bei BMW, das Bild spricht für sich. Der Kursverlauf im Juni und Juli lässt auch die Interpretation als Doppeltop zu, der Keil dagegen war aber schon Ende Juni klar zu erkennen. Auch erfolgte das Verkaufsignal früher.



Im unteren Chart ein Haussekeil bei FMC. Nach der starken Abwärtsbewegung mündet der Kursverlauf ab August in einen fallenden Keil. Der Ausbruch nach oben erfolgte im Oktober, damit war die Trendwende vollzogen.



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Alt 04-01-2004, 17:48   #5
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5. Double Top und Double Bottom

Ein Double Top ist eine obere Umkehrformation und tritt deshalb nur nach einer Aufwärtsbewegung ein. Charakteristisch sind zwei auf nahezu gleicher Höhe liegende Hochpunkte. Eine Toleranz von drei Prozent bleibt unbeachtlich, wobei im Falle des Double Tops das zweite Hoch möglichst nicht über dem ersten liegen sollte. Auch ist der Umsatz beim zweiten Hochpunkt meist geringer als beim ersten.
Die zeitliche Ausdehnung der Formation sollte wenigstens einen Monat betragen. Bildet der Kursverlauf zwei Hochpunkte aus, so stellt er aber lediglich die Weichen für eine obere Trendwende. Das Verkaufsignal entsteht erst, wenn die Notierung den tiefsten Punkt der Zwischenkorrektur unterschreitet und damit die Formation vollendet. Zur Ermittlung des Mindestkursziels misst man den prozentualen Abstand zwischen dem höchsten Top und dem Verbindungstief und trägt diese Differenz an der Ausbruchstelle an.



Im Beispiel markierte die Notierung im Januar ein Hoch bei gut 27,50 Euro, dann mündete der Kursverlauf in eine Konsolidierung. Bei dem Anstieg bis in den Mai scheiterte die Aktie schon bei 27 Euro und damit etwas unterhalb des vorherigen Hochs. Zudem war der Umsatz in dieser Zeit recht gering. Rasch fielen die Kurse bis auf Höhe des Verbindungstiefs bei 22,30 Euro. Im Juli folgte dann der Durchbruch der Unterstützungslinie nach unten, es setzten dynamische Kursrückgänge ein.


Sinngemäß umgekehrt verhält es sich beim Double Bottom, das anschaulich auch als W-Formation bezeichnet wird. Voraussetzung ist eine vorangegangene Abwärtsbewegung, der zweite Tiefpunkt sollte das erste Tief nicht unterschreiten. Vollendet ist das Double Bottom erst nach Überschreiten des Verbindungshochs.
Als Beispiel ein Chart der MAN Stammaktie. Nach der Abwärtsbewegung bis August und einer Erholung kam es im November / Dezember nicht zu neuen Tiefständen, die Notierung drehte vorher nach oben. Sehr zügig dann der Vorstoß über die Verbindungslinie Anfang Januar, hierbei zogen die Umsätze an (der Abschluss eines Double Bottom sollte immer von höheren Umsätzen begleitet sein). Nach kurzer Konsolidierung und einer Bestätigung der Linie bei 20,60 Euro als Unterstützung (sog. "Pull-Back") war das rechnerische Mindestkursziel schnell übertroffen.



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Alt 04-01-2004, 17:50   #6
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6. Schulter-Kopf-Schulter-Formation

Schulter-Kopf-Schulter- (kurz: SKS-)Formationen, sind sehr zuverlässige Trendwendeformationen. Geprägt wird eine obere SKS von einem ersten Hoch, der linken Schulter. Darauf folgt eine Korrektur und ein zweiter, höherer Hochpunkt, der Kopf. Anschließend setzt eine Korrektur ein, die bis zu etwa dem Niveau der vorherigen Korrektur führt. Zuletzt bildet der Kursverlauf ein drittes Hoch, so dass sich rein grafisch die rechte Schulter ableiten lässt.
Die sogenannte Nackenlinie erhält man durch Anlegen einer Geraden an die Korrekturtiefs. Diese Linie muss nicht gerade verlaufen, sondern ist meist nach oben oder unten geneigt. Das charttechnische Verkaufsignal ergibt sich mit Unterschreiten dieser Nackenlinie. Die Umsätze sollten bei der ersten Schulter und der Rallye zum Kopf hoch sein, wobei nicht selten schon bei der Ausprägung des Kopfes das Volumen abnimmt. Bei der rechten Schulter ist der Umsatz dann vergleichsweise gering und somit ein Zeichen für die schwächelnde Aufwärtsbewegung.
Mit der Vollendung der Formation ergibt sich ein Mindestkursziel für die zu erwartende Bewegung: Der Techniker misst den Abstand zwischen Kopf und Nackenlinie und trägt ihn senkrecht an die Ausbruchstelle an. Durch die Verwendung logarithmisch skalierter Charts erhält der Anleger gleich das Kursziel auf prozentualer Basis.



Als Beispiel ein Chart der Deutschen Telekom, die im Jahr 2000 eine nahezu mustergültige obere SKS ausformte. Auch das Umsatzverhalten ist ideal. Nach dem Durchbruch durch die Nackenlinie folgte Anfang April noch ein Pullback. Ein solcher "Rückprall" ist - wie auch beim Double-Top häufig zu beobachten, muss aber nicht stattfinden. Wie auch bei der Dt. Telekom, die später bis auf weniger als 10 Euro absackte, mündet eine Umkehr per Schulter-Kopf-Schulter meist in einen längerfristigen Trend.


Bei der SKS als untere Umkehrformation lässt sich ein wesentlicher Unterschied bei den Umsätzen beobachten: diese sollten im Bereich der Tiefs spürbar abnehmen, was dem Anleger einen geringer werdenden Verkaufsdruck verdeutlicht. Der Durchbruch der Nackenlinie, der analog zur oberen Schulter-Kopf-Schulter dann als Kaufsignal gewertet werden kann, muss unter höherem Umsatz zu Stande kommen (Regel: Volume goes with the trend).
Da SKS-Formationen in der Praxis nur selten einen "bilderbuchmäßigen" Verlauf aufweisen, ist im unteren Beispiel eine SKS bei Siemens dargestellt, um auf häufig auftretende Abweichungen einzugehen. Während die linke Schulter noch als wohlgeformt bezeichnet werden kann, fallen schon beim Kopf erste Unregelmäßigkeiten auf. Nach dem Tiefpunkt im Oktober schafft die Aktie im Rahmen der Erholung nur etwa die halbe Strecke auf dem Weg Richtung Septemberhoch, wo die linke Schulter lag. Dann folgt ein erneuter Kursverfall, aber schon oberhalb des Tiefs im Oktober dreht die Notierung wieder nach oben und steigt bis Anfang Dezember.



Im Zeitraum Dezember bis Januar wird die rechte Schulter dann ebenfalls doppelt ausgeprägt. Ein solcher Kursverlauf ist häufig festzustellen, nicht selten sind auch innerhalb des Kopfes oder einer der beiden Schulter wiederum kleine SKS-Formationen zu erkennen. Nahezu mustergültig und damit formationsbestätigend aber die Umsatzentwicklung, die schon beim ersten Teil des Kopfes im Oktober stark sinkt. Kurz vor dem untersten Punkt der rechten Schulter markieren die Umsätze dann einen Tiefstand, und legen mit dem Anstieg der Kurse Richtung Nackenlinie zu. Bei dem Durchbruch nach oben Anfang Februar steigt das Volumen weiter.

Unmittelbar nach der Formationsvollendung zog die Notierung zwar stark an, das Mindestkursziel erreichte Siemens vorerst allerdings nicht. Stattdessen folgt eine fast dreimonatige Korrektur, die im Mai zu einem Test der Nackenlinie führt. Man beachte, dass durch die abwärtsgerichtete Neigung der Nackenlinie die Notierung dabei sogar unter das Ausbruchsniveau fällt. Dieser Pull-Back ist im Nachhinein als Nachkaufgelegenheit einzustufen. Die Belohnung für geduldige Anleger folgte kurze Zeit später: Im August erreichte die Aktie das Mindestkursziel, und noch bis Jahresende stieg die Notierung über 27 Euro.

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Alt 04-01-2004, 17:52   #7
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7. Rounding Top und Rounding Bottom


Hierbei handelt es sich um recht gemächliche Umkehrformationen, die in den heutigen volatilen und zuweilen hektischen Märkten nur noch selten anzutreffen sind. Am ehesten finden sich diese Formationen noch bei weniger beachteten Nebenwerten. Wegen ihrer Form nennt man sie auch Untertasse oder Tellerformation.
Im Gegensatz zu den sonstigen, meist von deutlichen und scharfen Konturen geprägten Formationen liegt beim Rounding Top / Bottom eine allmähliche, "runde" Kursbewegung vor.




Als Beispiel ein Rounding Top bei Varta im Jahr 1998. Nach einem kräftigen Anstieg im Frühjahr verflacht der Kursverlauf merklich. Ab dem Hochpunkt im Juni sinkt der Kurs zunächst auch nur langsam, dann nimmt die Dynamik aber stetig zu. Häufig fallen die Kurse jedoch schon zügig nach dem Abschluss eines Rounding Tops.


Das untere Schaubild zeigt ein - wenn auch nicht "idealrundes" - Rounding Bottom bei Amgen. Nach den erdrutschartigen Kursverlusten im August nimmt der Abwärtsdruck sichtbar ab. Erst im März, als die Aktie wieder das Kursniveau von Anfang August erreicht, ziehen die Umsätze an - die Trendwende ist vollzogen.



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Alt 04-01-2004, 17:55   #8
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8. Triple Top und Triple Bottom

Diese beiden Formationen sind charakteristisch mit dem Double Top / Double Bottom vergleichbar, besitzen jedoch drei Hochs bzw. Tiefs.
Beim Triple Top sollten die Höchstkurse wiederum auf einer Höhe liegen, Toleranz etwa 3 Prozent. Zwischen den Hochpunkten sollte eine Konsolidierung von wenigstens 10 Prozent liegen, idealerweise beträgt der Abstand zwischen den Hochs jeweils mindestens einen Monat. Fallende Umsätze während der Formationsbildung deuten auf eine abnehmende Nachfrage, was der Charttechniker grundsätzlich als Warnsignal interpretiert.
Die Formation ist abgeschlossen, wenn die Notierung nach dem dritten Top unter den tiefsten Punkt der Zwischenkorrekturen fällt. Das Kursziel ermittelt sich wieder aus der Differenz zwischen höchstem und tiefstem Punkt, angetragen an die Ausbruchstelle.



Im Beispiel ein Triple Top bei MAN, der besseren Übersichtlichkeit halber sind der vorherige Anstieg und der anschließende Kursrückgang nur ansatzweise im Chart enthalten. Nach den drei Hochpunkten im Zeitraum Januar bis Mai "wehrte" sich die Aktie im Sommer noch gegen den Durchbruch nach unten, im August fiel die Notierung dann unter die Unterstützungslinie bei knapp 32 Euro. Der Kursanstieg kurze Zeit später erklärte den Ausbruch fast zum Fehlsignal, der zügig wieder erfolgte Rutsch unter 32 Euro ließ letztlich aber keinen Zweifel an dem Triple Top.



Im unteren Schaubild ein Triple Bottom bei DaimlerChrysler, das nahezu mustergültig ausgeprägt ist. Die drei Tiefpunkte liegen auf etwa gleichem Niveau, die Zwischenerholungen betragen gut 10 Prozent. Nach dem Ausbruch im Januar erfolgte noch ein kurzer Pullback, der die Formation bestätigte, bevor eine rasche Aufwärtsbewegung einsetzte



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