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Alt 27-06-2004, 07:16   #1
Börsengeflüster
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Post Die Deflationsspirale

Auf Inflation folgt Deflation
Zitat:
Johann Philipp von Bethmann hatte nicht in allen seinen Vorhersagen recht behalten, aber er erkannte den Trend sehr gut! Seine Aussagen aus dem Buch "Die Deflationsspirale" habe ich zusammengefasst und gekürzt in den nachfolgenden Zeilen niedergeschrieben.Die mahnenden Worte von Bethmann stammen aus dem Jahr 1987, er lag mit seinem timeing daneben, aber er sollte im Grossen und Ganzen doch recht behalten. Zwar kam es nicht so heftig wie er es befürchtete,- das lag wohl auch daran das die inflationären Tendenzen nach dem Krieg bis hin in die 90 er Jahre nicht so heftig waren wie die vor 1929, die, wie wir wissen, sogar eine "galopierende Inflation" war( um 1923)! Dieter Grafe (Börsengeflüster)


Was ist die Deflationsspirale? Die meisten Menschen wissen viel besser als die Politiker und als die Fachleute, „wie es weitergeht“. Vor allem spüren Herr und Frau Jedermann immer sehr früh, daß es „so“ nicht weitergehen kann. Die Diskussion über wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Fragen leidet immer auch unter Verständnisschwierigkeiten. Was ist mit bestimmten Begriffen gemeint?
Was versteht man unter „Wachstum“, „Inflation“, „Deflation“, „Krise“ oder gar „Crash“.
In der Deflation werden alle diejenigen „überflüssigen“ Teile des Wirtschaftskörpers abgebaut, beseitigt, vernichtet, die in der Inflation krankhaft gewuchert sind . Ohne Entfernung des inflationär gewucherten „toten Gewebes“ ist die Inflation nicht ausgestanden oder ausgeheilt. Aber auch die Umkehrung gilt:

Ohne voraus gegangener Inflation braucht es überhaupt keine Deflation zu geben.
Bei den realen Folgen jeder Inflation, bei den gewucherten Teilen des Wirtschaftskörpers also, handelt es sich um folgendes:

1. „Zu viel“ Geld bzw. Geldforderungen; entsprechend
2. „zu viel“ Schulden;
3. „zu viel“ Produktionskapazitäten;
4. „zu viel“ unbezahlbar werdende Arbeitsplätze.
In allen Bereichen muß das „zu viel“ vernichtet werden . Das geschieht in der Deflation. Sowohl Deflation als auch Inflation haben mit der Preisentwicklung und also auch mit der Entwicklung der relativen Kaufkraft des Geldes nur mittelbar zu tun. Die Preisniveausteigerungen in der Inflation sind nur das Fieber, das die Inflationskrankheit begleitet, das allerdings auch zur Wucherung der Aggregate beiträgt. Die eigentliche Krankheit, die Wucherung selbst, sind die Preissteigerungen nicht. Darum ist auch keine Inflation zu Ende und ausgestanden, wenn das Preisniveau sich stabilisiert hat, sondern erst dann, wenn das inflationär Gewucherte im deflationären Prozeß beseitigt ist. Der deflationäre Prozeß besteht somit aus

1. Vernichtung der uneinbringlich gewordenen Geldforderungen, der „faulen“ Schulden also, durch Gläubigerverzicht;
2. Abbau der unnütz gewordenen Produktionskapazitäten durch Betriebsschließungen und Unternehmenszusammenbrüche damit zugleich
3. Vernichtung der unrentablen und damit unbezahlbar gewordenen Arbeitsplätze.

Die Deflation ist also, ökonomisch gesehen, die Wirtschaftskrise mit übermäßig vielen Insolvenzen, mit Arbeitslosigkeit und mit verbreitetem Vermögensverfall, auch Depression genannt. Weil die Deflation die zwangsläufige Folge jeder Inflation ist, gilt auch der Satz:

Zitat:
„Je länger und schwerer die Inflation war, desto schwerer, desto schmerzhafter wird die Deflation.“
Außerdem: Die Inflation ist politisch viel leichter zu beherrschen — übrigens auch zu bekämpfen als die Deflation. Eine deflationäre Krise nach langen Jahren der Inflation ist ein großes Unglück. Die Deflation trifft zwar auch alle miteinander —wie alle großen ökonomischen Katastrophen —‚ sie schlägt aber viel härter zu und mit viel größerer Ungerechtigkeit. Die Hilflosigkeit der Politik angesichts einer deflationären Wirtschaftskrise beruht auch darauf, daß die Deflation noch weniger verstanden wird als die Inflation, daß die Politiker sie nie rechtzeitig erkennen und daß darum die Politik auf die Deflation nie vorbereitet ist. So ist es leider auch heute.
Jede Deflation beginnt — am Anfang fast unbemerkt — schon mitten in der Inflation. Noch steigen die Preise, noch wuchern die Schulden und die Geldbestände, da beginnt eines Tages der zunächst noch unerkannte schleichende Prozeß der deflationären Erosion. Die Zahl der Pleiten nimmt zu und die schon überwunden geglaubte Arbeitslosigkeit ist auf einmal wieder da und sie bleibt. Die hohe Zahl der Pleiten auch. Noch immer aber steigen die Preise, wenn auch weniger stark. Man spricht von ersten Stabilitätserfolge und man „bekämpft“ die Inflation tapfer weite als den Feind Nr. 1, allerdings auch weiter mit falschen Mitteln. Die Inflation hält sich dann noch eine Weile, aber die Arbeitslosigkeit auch und die Pleiten nehmen nicht ab . Viele Firmen auch alte Namen, erste Adressen, geben auf. Anderen geht es aber noch glänzend. Das ist dann die „Regenbogenkonjunktur“: Sonne und Regen zugleich. Auch „Stagflation« kann man es nennnen: Noch inflationärer Boom und doch schon ungenutzte Kapazitäten, Betriebsstillegungen, Konkurse, Ausverkäufe. Niemand weiß genau, was wirklich los ist.
Dabei hat die Deflation längst begonnen. Noch ist sie aber gebremst, noch ist sie zugedeckt vom Schaum der Inflation, aber sie wächst, sie greift um sich, sie unterwandert die Inflation. Beide ringen miteinander.

Und dann kommt die „Wende“ . Die Preise werden stabil, das Wachstum geht auf Null, die Nachfrage stagniert, die Deflation gewinnt die Oberhand. Sie überholt die Inflation, sie bestimmt zunehmend die Konjunktur. Der Konsum stagniert immer mehr: Die einen wollen nicht mehr kaufen, immer mehr aber können nicht mehr kaufen.
Die Deflation wird sichtbar. Die Inflationsspi_rale hat sich umgekehrt. Sie wird zur Deflationsspirale.
Ein Zurück in die Inflation gibt es dann nicht mehr, nur ein Abwärts in die Rezession und Depression, in die Krise, die keiner mehr kennt. Die „Wende“ zur „Deflationsspirale“ begann bei uns im Winter 1985/86. Seitdem geht es abwärts, unaufhaltsam. Und es wird weiter abwärts gehen , bis der ganze Inflationsschrott beseitigt ist. Das wird erst dann sein, wenn die Zinsen „ganz unten“ sind.
-(Anmerkung von Dieter Grafe -Börsengeflüster- das haben wir nun knapp hinter uns und die erste leichte Zinserhöhung steht bevor 26.06.2004!)

Natürlich kommt es darauf an, was man im einzelnen unter Deflation versteht. Weil hier die Ansichten weit auseinandergehen, kann man leicht aneinander vorbeireden. Im übrigen sind sowohl die Ursachen als auch die Symptome der Deflation noch weniger bekannt als das Entstehen und die Erscheinungsformen der Inflation. Wer blind ist für die Inflation und ihre Ursachen, muß auch blind sein für das Phänomen Deflation.
Die meisten sind heute noch blind, vor allem die verantwortlichen Experten.

Zitat:
Jede Deflation beginnt mit einer Inflation. Keine Inflation endet ohne Deflation.

Darum muß man beide kennen und erkennen, um die Lage richtig zu beurteilen und um die richtige Politik machen zu können. In Unkenntnis der Inflation, ihrer Ursachen und ihrer Auswirkungen hat man jahrelang eine inflationserhaltende und inflationsfördernde Politik betrieben. In Unkenntnis der Deflation, ihrer Ursachen und ihrer Folgen betreibt man nun heute das Gegenteil: eine verhängnisvolle deflationsverstärkende Politik —alles jeweils in bester Absicht. Abgesehen von der natürlichen Gegensätzlichkeit der beiden Phänomene gibt es einen fundamentalen Unterschied zwischen Inflation und Deflation, einen Unterschied von großer politischer Bedeutung:

Inflation ist vermeidbar, Deflation ist es nicht. Inflation kann man von Anfang an „bekämpfen“, man kann sie im Keim ersticken. Deflation kann man nicht ersticken, man kann sie nur hinausschieben oder beschleunigen, man kann sie über sich ergehen lassen oder ihre Folgen durch monetäre Manipulation auffangen. Vor diesen Fragen steht die Wirtschaftspolitik des Westens jetzt.
Die Deflation räumt auf, was die Inflation angerichtet hat. Das eine ist der Kaufkraftschwund der Währung, die für jeden spürbare Teuerung also, ein eher flüchtiges Symptom. Dieser Teil der Inflation, die Preisinflation also, ist das Fieber, das die eigentliche Krankheit begleitet. Die eigentliche Krankheit der Inflation ist die Aufblähung, die Wucherung des Gewebes, eine Wucherung in allen Körperteilen und Organen der Wirtschaft. Jede Inflation bringt eine Aufblähung der Schulden, eine Aufblähung der Produktionskapazitäten, eine Aufblähung der Arbeitsplätze, eine Wucherung der Geldvermögen. Uberall entstehen „Überkapazitäten“. Diese Üherkapazitäten sind aber reale Tatbestände, im Gegensatz zu der Teuerung, die vorbei ist, wenn sie abgeklungen ist — wie das Fieber. Das heißt auch: Mit der Wiedergewinnung der Preisstabilität ist die Inflation nicht zu Ende, ist sie noch nicht „besiegt“. Was danach bleibt von der Inflation, sind diese Überkapazitäten, die dann erst noch abgebaut werden müssen, wenn die Wirtschaft wieder ganz gesunden soll.

Dieser Abbau der Uberkapazitäten, das ist die der Abbau des viel zu großen Geldvolumens Dieser def1ationäre Abbau tritt in Erscheinung als Preisverfall, als Insolvenzenanhäufung als Arbeitslosigkeit, als riesiger Kreditausfall und entsprechend als Geldvermögensverfall All dies hat seit geraumer Zeit bereits begonnen, die Deflation ist längst da, in einem Land mehr, im anderen Land weniger
(Anmerkung von Dieter Grafe -Börsengeflüster- sie war da und in Japan sowie Südamerika besonders schlimm, am wenigsten in den USA).
Sie ist aber überall erst in den Anfängen, und was das Schlimmste ist die inflatorischen Wucherungen setzen sich noch immer fort in Gestalt der noch immer anhaltenden immensen überproportionaien Schuldenvermehrung. Auch davon muß das meiste wieder gewaltsam abgebaut werden. Das Schlimmste steht uns also noch bevor. Daß es bald kommt, dafür sorgt die Wirtschaftspolitik der in der heutigen Lage ja nichts besseres einfällt, als die Zinsen zu senken, „um die Konjunktur zu beleben“.
(Anmerkung von Dieter Grafe -Börsengeflüster- dieser Prozess dürfte im Jahre 2003 beendet worden sein.)
Aber das Gegenteil von der Absicht wird die Folge sein. Die Zinsen, die allerdings sowieso her_unter müssen, werden fallen. Damit aber wird der deflationäre Prozeß verstärkt und der unabwendbare deflationäre Kollaps — erlebbar als Weltrezession — rückt näher.
Und zum Glück ist sie meiner Ansicht nach vorbei... Dieter (Börsengeflüster)
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Zitat:
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Die Börse ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst.

André Kostolany


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Geändert von Börsengeflüster (27-06-2004 um 07:34 Uhr)
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